Abketten ist nicht gleich Abketten

Nach wie vor habe ich das Modell Shleeves in Arbeit. Gestern abend kettete ich die Spitzenbordüre ab. Dafür brauchte ich drei Anläufe.

Meinen ersten Versuch startete ich mit der herkömmlichen Methode: Eine Masche abstricken und die vorherige Masche überziehen. Das ergab trotz dickerer Nadel eine zwar saubere, aber zu feste Abkettkante. Die Bordüre soll später zu einem Zackenrand gespannt werden, dafür braucht man mehr Elastizität. Ich merkte nach wenigen Maschen, dass es so nicht funktionieren würde, stoppte umgehend und löste die Abkettkante behutsam wieder auf bis zum Reihenanfang.

Für meinen zweiten Versuch zog ich Fachliteratur zu Rate, nämlich Leslie Ann Bestors Buch “Cast On, Bind Off”, das auf Deutsch übrigens unter dem Namen “Anschlagen und Abketten” erhältlich ist. Darin sind 21 verschiedene Abkettmethoden beschrieben. Ich wählte die Variante “Lace” von Seite 168, bei der man jeweils zwei Maschen verschränkt zusammenstrickt. Nach knapp zwei Dutzend Maschen war aber erkennbar, dass auch diese Kante zu fest wurde. Also wieder aufziehen, was bei dieser Stricktechnik zum Glück nicht besonders schwierig ist.

Auf der folgenden Seite im Buch fand ich dann eine Abkettart, die sich für meinen Zweck besser eignete: “Elastic Bind Off”. Auch hier werden zwei Maschen verschränkt zusammengestrickt, jedoch wird die linke von beiden zuvor noch normal abgestrickt. Das ergibt eine ausreichend elastische, aber nicht zu labberige Kante, die sich gut spannen lässt. Hier ist die rückwärtige Mitte provisorisch aufgenadelt:

Shleeves, Teil der Lochmusterkante

Natürlich ist das Gestrick hier nicht vollständig gespannt; die Maschen sind noch unregelmäßig. Aber man kann schon ungefähr erkennen, wie es einmal aussehen wird. Als nächstes sind nun die Ärmel an der Reihe; sie werden aus den offenen Maschen der Armlöcher herausgestrickt.

Was habe ich gelernt? Die erstbeste oder üblichste Methode ist nicht unbedingt die sinnvollste sein. Es lohnt sich, genau hinzuschauen und sofort aufzuhören, wenn man feststellt, dass etwas nicht wie gewünscht funktioniert. Und es ist gut, wenn einem verschiedene Methoden zur Verfügung stehen. Ich hätte mich sehr geärgert, wenn ich die komplette Kante über mehr als 400 Maschen zu eng abgekettet hätte. Glücklicherweise merkte ich zweimal rechtzeitig, dass meine Methoden nicht optimal waren, und konnte es letztlich besser machen.