Shleeves

Das Modell Shleeves ist ein Mittelding aus Tuch und Jäckchen, nicht schwierig zu stricken, aber mit Pfiff. Ich stieß zufällig im Juni darauf, als es gerade herabgesetzt war, und dann hatte ich das Glück, die Anleitung von einer lieben Bekannten im Zuge eines Tauschgeschäfts via Ravelry geschenkt zu bekommen.

Seit nunmehr fast zwei Monaten stricke ich dieses Modell aus “Merisa Lace”, einem dünnen Merinogarn von der Wollerey. Mal geht es schneller, mal langsamer, je nach meiner verfügbaren Zeit. Beim letzten Stricktreff vor zehn Tagen hatte ich es dabei, als gerade die Armlöcher an der Reihe waren. Das bot ein spannendes und hochwissenschaftliches Gesprächsthema. In unserer Runde kamen wir nämlich zu dem Schluss, dass ein gewöhnliches Loch auf der Erde, egal ob ein Armloch, ein Loch in der Socke oder eines in anderen Materialien, ziemlich genau das Gegenteil eines Schwarzen Lochs im Universum ist: Schwarze Löcher sind viel Masse mit Leere um sich herum; Löcher auf der Erde hingegen enthalten hauptsächlich relative Leere und haben Masse drumherum. Ein weiteres spannendes Thema dieses Abends war das Katzen-Butterbrot-Paradoxon. Sage da noch jemand, ein Stricktreffen sei ein langweiliges Event für geistig minderbemittelte alte Damen!

Shleeves, mit Beginn des Lochmusters

Aber zurück zu “Shleeves”. Man hat es hier im Laufe der Zeit (und der Reihen) mit sehr vielen Maschen zu tun; und wenn jemand so zählfaul ist wie ich, dann merkt er oder sie nicht, dass da eventuell zwei Maschen zuviel auf den Nadeln sind, aus welchen Gründen auch immer. Deshalb passte die erste Reihe des Lochmusters nicht richtig. Tatsächlich strickte ich sie insgesamt dreimal, weil ich auch beim zweiten Versuch noch nicht auf die Idee kam, dass meine Maschenzahl vielleicht fehlerhaft sein könnte. Nachdem ich das endlich gemerkt hatte, verstaute ich die beiden überzähligen Maschen mittels Zusammenstricken nach den Zunahmen am Reihenanfang und vor den Zunahmen am Reihenende. Außerdem markierte ich vorsichtshalber die einzelnen Rapporte, um nicht wieder aus dem Tritt zu geraten. Bisher helfen meine Vorsichtsmaßnahmen.

Optimierte Version

Vor zwei Jahren beteiligte ich mich an dem etwas wahnwitzigen Vorhaben, innerhalb eines Jahres 13 (in Worten: dreizehn) Projekte aus bis dato nicht genutzten Strickbüchern anzufertigen. Dafür gab es auch eigens eine Ravelry-Gruppe, die aber mittlerweile eines natürlichen Todes gestorben ist.

Leider wurde ich mit meinen 13 Projekten doch nicht ganz fertig, weil mich zwischendurch immer wieder der Drang überkam, etwas Ungeplantes anzufangen oder weil sich aktuell Bedarf zeigte, der durch die fein säuberliche Planung nicht gedeckt werden konnte. Merke: Planung bedeutet, den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen.

Aber ich schweife ab. Eines der Modelle, die ich anlässlich der Projektserie “13aus13” gestrickt hatte, war aus dem Rowan-Magazin Nr. 26 von 1999 die Jacke “Trance” von Kim Hargreaves. Das ist ein schönes, tragbares Modell. Es hat für mich nur einen kleinen Nachteil: Es ist nicht besonders lang, sondern reicht gerade bis über die Taille. Normalerweise trage ich meine Jacken gern ein wenig länger, weil meine Taille leider nicht mehr das ist, was sie vor 30 Jahren mal war. Aber als Strickerin hat man ja die Möglichkeit, solche Details anzupassen. Die erste Jackenversion passt, abgesehen von der Länge, ausgezeichnet; den Schnitt hatte ich seinerzeit bereits in das Programm DesignaKnit übertragen; meine Maschenprobe lag vor; ausreichend Garn der gleichen Qualität hatte ich auch noch im Vorrat. Ich musste also nur in DesignaKnit die Leibteile um 10 cm nach unten verlängern und die Maschen und Reihen vom Programm neu berechnen lassen und konnte dann losstricken beziehungsweise den KG-Schlitten in Marsch setzen.

Da der nicht der schnellste ist und ich ihn grundsätzlich nur unter Aufsicht laufen lasse, dauerte es dann doch mehr als einen Monat, bis die optimierte Zweitversion endlich fertig war. Und dann verging nochmals eine Woche, bevor ich Zeit fand, mein bevorzugtes Knopfgeschäft aufzusuchen. Aber nun ist Trance 2 fertig, wurde auch schon getragen und hat seine Praxistauglichkeit bewiesen.

Jacke in Lang-Version

Modell: “Trance” von Kim Hargreaves, erschienen 1999 im Rowan Magazine 26, Ärmel gegenüber dem Originalschnitt verkürzt um 3 cm, Leibteile verlängert um 10 cm. Verbrauch: Ziemlich genau 450 g (drei Stränge) Wollmeise “Pure” in Farbe We’re Different 47Ag. Einen Strang nahm ich fürs Rückenteil, einen für beide Vorderteile sowie die Knopfblenden und den dritten Strang für die Ärmel. Gestrickt wurde auf Brother KH 965 durchgehend mit Elektrik-Schlitten KG 95 für das Muster mit den Kraus-Streifen.

Der Reißverschluss war schuld

Das Zusammennähen von gestrickten Teilen ist bei mir kein Problem. Ich mache das gern und fürchte mich auch nicht vor dem Einsetzen von Ärmeln mit Armkugeln. Die Zopfmusterjacke aus dickem Posh Flammégarn (“Vivienne Chunky”, nicht mehr erhältlich) lag jedoch über einen Monat fast fertig herum, weil ich erst Zeit und Mut finden musste, um einen Reißverschluss einzunähen. Nun ist das glücklicherweise geschafft, zwar nicht mit hundertprozentig geraden Nähten, aber wenn ich die Jacke trage, fällt das wegen meiner natürlichen Kurven überhaupt nicht auf. An mir sitzt sie prima.

Fitted Jacket with Cables

Die Jacke war im ersten “knit.wear”-Heft von 2011 unter der Bezeichnung “Fitted Jacket with Cables”. Dort hat sie Dreiviertel-Ärmel, was ich bei einer Jacke aus so dickem Garn ziemlich idiotisch finde. Deshalb hatte ich die Ärmel gleich länger gestrickt. Außerdem sollte sie eigentlich Knopflöcher bekommen. Laut Anleitung werden die im linken Vorderteil eingearbeitet. Knopflöcher in einem linken Vorderteil gehen aber für mich gar nicht; wenn, dann will ich sie rechts haben. Als ich zur Knopflöcher-Anweisung kam, hatte ich aber das rechte Vorderteil schon fertig und wollte es nicht wieder auftrennen. Deshalb musste ich nach einer anderen Verschlussmöglichkeit suchen. Ein Reißverschluss war die ideale Lösung. Damit gewann ich gleichzeitig etwas zusätzliche Weite, die sonst fürs Überlappen der Knopfleiste draufgegangen wäre.

Ein Nachteil ist, dass nun der Ausschnitt etwas weiter ist als ursprünglich vorgesehen. Da ich aber noch drei Stränge vom Garn übrig habe, werde ich mir dazu einen passenden Schal stricken, der mir den Hals warm hält.

Fix und fertig

Die Jacke ist nun echt und endgültig fertig. Als Verschluß wollte ich eigentlich einen Haken und eine Öse anbringen, aber die Haken, die das Stoffgeschäft hier im Ort hatte, waren zu schwer und hätten das Gestrick verzogen. Deshalb nahm ich einen leichten Knopf und häkelte eine kurze Luftmaschenkette als Öse an die andere Kante.

Jacke, fliederrosa mit mehrfarbigen Besätzen

Jetzt muß noch der Schal vollendet werden, damit ich alles wegschicken kann. Zur Zeit habe ich sechs Mustersätze gestrickt, es fehlen also noch dreieinhalb. Da dies mein “Unterwegs-Projekt” ist, stricke ich täglich nur eine gute halbe Stunde daran.

Außerdem nähert sich ein anderes Projekt dem Abschluß. Die Strickarbeiten sind beendet, jetzt müssen die Teile noch gespannt, zusammengenäht und ausgearbeitet werden. Was es ist, darüber berichte ich demnächst. 😉