Ein Strickgarn ersetzen

Wer nach einer Anleitung aus einer Zeitschrift, einem Buch oder dem Internet stricken will, kennt das Problem: Nicht immer hat man das Garn zur Verfügung, das in der Anleitung angegeben wird. Und so macht man sich auf die Suche nach einem Ersatzgarn, teils mehr, teils weniger erfolgreich, und gerade die Strick-Anfänger wissen oft gar nicht genau, wonach sie überhaupt Ausschau halten sollen.

Dabei ist es eigentlich ganz einfach, und unsere Strick-Kolleginnen aus den angelsächsischen Ländern machen es uns schon seit langem vor: Das Garn muß dieselbe Maschenprobe ergeben. Mehr nicht! Die Lauflänge und die Zusammensetzung sind, pardon, wurscht. Die Lauflänge kann sogar irreführend sein, also bitte nicht danach richten!
Stimmt jedoch die Maschenprobe, dann kann man sich auch an der benötigten Meterzahl (nicht Gramm!) orientieren, also von Gramm auf Meter umrechnen, die entsprechenden Meter Garn kaufen und kann sich drauf verlassen, daß man genau soviele Meter wie angegeben benötigen wird.

Woher ich das weiß? Ich hab’s mal unfreiwillig ausprobiert, vor unglaublich vielen Jahren (1984, um genau zu sein). In einem Burda-Strickheft fand ich die Anleitung für einen Pullover im Bärentatzenmuster aus dem damals modischen Baumwoll-Bändchengarn.

Pullover im Bärentatzenmuster

Das Garn (80 m auf 50 g, und davon 17 Knäuel) konnte ich mir nicht leisten, aber das Muster gefiel mir, und ich probierte es mit einem Alpakagarn aus dem Sonderangebot (140 m auf 50 g) aus. Beide Garne waren nach üblichen Maßstäben überhaupt nicht miteinander vergleichbar. Zu meinem allergrößten Erstaunen kam ich aber exakt auf die geforderte Maschenprobe aus der Anleitung. Ich strickte den Pullover nach und benötigte weniger als 500 g Alpaka dafür. Er paßte perfekt und war jahrelang einer meiner Lieblingspullis, bis er einmal versehentlich im Wäschetrockner landete.

Was für eine Entdeckung ich damals gemacht hatte, war mir lange Zeit überhaupt nicht klar. Aber es ist wirklich so: Die Maschenprobe muß mit der aus der Anleitung übereinstimmen, dann könnt Ihr jedes beliebige Ersatzgarn nehmen, das diese eine Voraussetzung erfüllt. Anderes Material? Völlig egal. Andere Lauflänge? Nebensächlich. Nur die Maschenprobe muß stimmen, dann braucht man ziemlich genau dieselbe Meterzahl Garn wie fürs Original.

Garn-Überlegungen

Es gibt Garne, die sehen im Knäuel oder auf der Kone unendlich vielversprechend aus. Verstrickt man sie dann, ist man enttäuscht: Die Garnstruktur kommt nicht richtig zur Geltung, die tollen Farbverläufe verschwimmen zu einem undefinierbaren Mischmasch oder ergeben öde Querstreifen. Das passiert leider auch mit teuren Designergarnen. Eine der größten Herausforderungen ist deshalb meiner Ansicht nach, das passende Projekt für ein bestimmtes Garn zu finden.

Ich habe teilweise seit Jahren allerlei Garne, für die ich immer noch nach DEM optimalen Projekt suche, das ihre Vorzüge bestens zur Geltung bringt und ihre Nachteile gnädig verbirgt. Eines dieser Sorgenkinder ist ein Polyamid-Bändchengarn von Schachenmayr namens “Samoa”, todschick im Knäuel, knallrot, halbtransparent und extrem leicht — 25 g haben eine Lauflänge von 135 m, und gestrickt wird mit Nadelstärke 5 bis 6.

Das ergibt laut Banderole 22 M auf 10 cm, eine Maschenprobe, die man sonst bei Nadelstärke 3,5 bis 4 erwarten würde. Das Gestrick zieht sich nämlich heftig zusammen. Ursache dafür ist die Garnstruktur: Ein sehr elastischer gewirkter Schlauch, der sich um bis zu 20 % dehnen kann. Diese Dehnung schnurrt natürlich nach dem Stricken wieder in den Ursprungszustand zurück. Man strickt und strickt, und das sichtbare Ergebnis ist kaum der Rede wert und ziemlich langweilig. Ich habe es mal mit einer noch größeren Nadelstärke versucht, aber damit wird es durch sein geringes Gewicht wiederum sehr lappig und unregelmäßig.

Noch gebe ich nicht auf. Vielleicht fällt mir doch noch eine Möglichkeit ein, die sechs 25-g-Knäule zu etwas Sinnvollem zu verarbeiten.