Nachhaltigkeit - Socken reparieren

Man will ja auch mal über was anderes als Stricken reden ;-)
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Michaela
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Nachhaltigkeit - Socken reparieren

Beitrag von Michaela »

Hallo, zusammen,

ich habe es lange herausgezögert, weil ich genügend selbst gestrickte Socken habe. Obwohl: selbst gestrickt stimmt nur in einem Fall für mich. Alle anderen Socken bekam ich als Geschenk, das macht sie für mich besonders wertvoll. Die ältesten davon sind 14 Jahre alt.
Drei Paare reparierte ich für meinen Mann, davon waren zwei von mir gestrickt, ein Paar kam von meiner Schwiegermutter.

Ich machte mich sehr enthusiastisch an die Arbeit und nahm sieben Paare zum örtlichen Stricktreffen mit. :mrgreen:
Eine spannende Diskussion fesselte die Gruppe. Ein Highlight war die Aussage, man neige zu Reparaturarbeiten an Vollmond. Kein Witz. Ich bin zu phantasielos um mir das auszudenken.

Habt ihr gemerkt, dass ich den Begriff "stopfen" vermieden habe?

Dazu eine Randbemerkung: viele verstärken die Sockenfersen mit Beilaufgarn oder verschiedenen Stricktechniken, die verdichtetes Gewebe erzeugen. Weder bei mir, noch bei meinem Mann, noch bei anderen Bekannten, die Stricksocken tragen habe ich je erlebt, dass sich Socken an den Fersen abwetzen. Nichtmal früher beim Skifahren oder bei langen Wanderungen, wo die Socken ständig an Schuhwänden gescheuert haben, ist das passiert. Dementsprechend ist es natürlich überflüssig, dort Verstärkung einzuplanen.
Bei Socken, die täglich in Arbeitsschuhen getragen werden, könnte ich mir es vorstellen.

Bei der Analyse der Socken zeigten sich mehrere Zustände der Abnutzung
  • Bei mir zeigten sich dünne Stellen und Löcher am Übergang zum Fußgewölbe, also genau nach dem Fersenballen
  • Sehr dünn und großlöchrig wurde es dann an den Ballen, also bei der Auflage der Metatarsalknöchelchen
  • Bei meinem Mann, der sehr lange (Gr. 47) und schmale Füße mit hohem Spann hat, zeigten sich abgewetzte Stellen ebenfalls am Ballen, Löcher am Innenballen und am langen Zeh
Mit dem herkömmlichen Stopfen kommt man nicht weit.
Verschiedene Ausgangslagen erfordern verschiedene Maßnahmen.
  • Zuerst habe ich es mit dem probiert, was allgemein unter Stopfen verstanden wird, dem Webstopfen. Ja mei!
    Das ist für überschaubare Löcher und nicht zu dehnbarem Gestrick noch OK. Dieses Loch ist ja abgegrenzt, aber in den allermeisten Socken ist noch dünngelaufenes Gestrick drumrum, also von der Sockenwolle ist nur noch der Polyesteranteil vorhanden.https://www.ardmediathek.de/video/dahoam-is-dahoam/gscheid-praktisch-mit-uri-socken-stopfen/br-fernsehen/Y3JpZDovL2JyLmRlL3ZpZGVvLzM3MGI4Y2Q4LWQ1NWUtNDIwZC1iYzQ4LTgwNWQzZGVmM2MzZA
    Fazit: zeitaufwändig, erfordert Geduld und Sorgfalt.
  • Nachdem das Loch zu war, habe ich das dünne Drumherum mit zweierlei Maßnahmen versucht zu verstärken.
    1. Mit dem Maschenstich, neudeutsch auch "Swiss Darning" genannt. Ja, bei kleinen überschaubaren Stellen geht das. Man braucht eeeeewig, aber die Optik ist schon überzeugend https://eigenwerkerei.de/anleitung-socken-stopfen/
    2. Die Nylonfäden habe ich als Basis zum Einweben genommen und mit Webstopfen die dünnen Stellen verdichtet.
  • Nachdem ich pro Socke eine Stunde beschäftigt war, und meine Kumpaninnen derweil einiges gestrickt hatten, bekam ich gute Ratschläge. Die eine trennt die abgelaufene Stelle heraus und strickt ab der Stelle neu, bis zur Spitze. Löblich. Sehr löblich sogar, aber darauf hatte ich keine Lust.
    Die andere zieht Spannfäden und macht darauf den Maschenstich, so wie hier gezeigt. https://bastelfrau.de/die-strickstopfe
    In der Tat würde ich diese Technik an einem Pulli oder einer Jacke durchführen, aber an einer Socke? Ich weiß jetzt, wie lange sowas dauert.
  • An diesem "Strick"-Nachmittag hatte ich gerade mal drei Socken wieder hergestellt. Diese stopfte ich nicht zum ersten, sondern mindestens schon zum dritten Mal. Die Beobachtung, die von anderen geteilt wurde: wenn man das Loch und das Drumherum ausgebessert hat, werden die Stellen daneben schadhaft. Eine Dauerlösung sind die Reparaturen nicht, irgendwann geht jede Socke einmal den Weg alles Irdischen und kann dann aber noch für Hundespielzeug, Stopfmaterial für Kissen oder wasweißdennich verwendet werden.
    Wir sind aber noch nicht fertig.
    Zwei Methoden habe ich noch angewandt.
  • Überzeugt hat mich die Methode, einfach ein Läppchen übers Loch zu stricken, damit kann man auch gleich dünne Stellen überstricken.
    https://stichfest.net/ganz-einfach-socken-stopfen/
    Geht in jedem Fall schneller als die Webstopferei oder das Maschenstich-Gefummel. Man könnte vielleicht meinen, das trägt beim Laufen auf oder drückt sich in die Haut. Wenn man nicht gerade Prinz:essin auf der Erbse ist, merkt man gar nichts.
  • Ganz neu war für mich die Technik mit dem Langettenstich. Für mittelgroße Löcher ohne dünne Stellen drumrum - zB an der größten Zehe - eine tolle Option, die mich begeistert hat. https://www.youtube.com/watch?v=gyeYBIeKZxg
Wenn man erst einmal eine Recherche übers Sockenstopfen gemacht hat, findet man unzählige Quellen. Ich finde, es ist wie mit den Stricknadeln, man muss ausprobieren, was einem am ehesten zusagt und die eigenen Ansprüche zufriedenstellt, ein eierlegendes-Wollmilchsau-Patentrezept gibt es nicht. Es gibt noch weitere spannende Techniken, die ich jedoch nicht getestet habe, aber euch vorstellen will, vielleicht wollt ihr euch ja austoben.
https://www.youtube.com/watch?v=9i6lRzdQuDs
https://www.youtube.com/watch?v=5ZfT0S6YjME
https://www.youtube.com/watch?v=kyPZ70U7Ikk

Hütet euch vor vollmundigen Anpreisungen, wie "Sockenstopfen leicht gemacht". Da kommen oft bilderfreie "Anleitungen", in denen ohne Anschauungsmaterial Vorgehensweisen beschrieben werden.
Ich freue mich jedenfalls, dass Sockenreparaturarbeiten in der nächsten Zeit erstmal nicht mehr nötig sind.
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Viele Grüße - Michaela
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Annette 1965
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Re: Nachhaltigkeit - Socken reparieren

Beitrag von Annette 1965 »

Liebe Michaela! Hab vielen Dank für Deine Mühe! Da habe ich mal wieder dazugelernt.
Beste Grüße von Annette
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Mallory
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Re: Nachhaltigkeit - Socken reparieren

Beitrag von Mallory »

Ich stopfe alle meine Socken, und das x-mal. Bis sie so zerlegt sind, dass das Stopfen nicht mehr lohnt, ist meistens sowieso der ganze Socken unansehnlich und lumpig geworden. Da ich ständig Wollsocken trage (außer bei Sandalenwetter - m.a.W. ich trage entweder Wollsocken oder gar nichts an den Füßen), werden die Teile immer wieder gewaschen und getragen, unzählige Male.

Ich stopfe ganz altmodisch mit dem Stopfei und der Webstopfmethode.
Da ich tatsächlich die Socken zuerst an der Ferse kaputt mache, könnte sich das nachträgliche Einstricken einer neuen Ferse durchaus lohnen. Aber auch die Läppchenmethode hat was. Werde ich demnächst mal probieren.
Bei mir gehen handgestrickte Socken weit schneller kaputt als maschinengestrickte. Deshalb vermute ich, dass ein Zusammenhang mit der Dichte des Gestricks besteht. Die handgestrickten Socken sind bei mir immer etwas lockerer als die maschinengestrickten (ich nehme Nadeln Nr 2,5). Am schnellsten kaputt sind Socken mit krausgestrickten Partien.

ps. Ich denke beim Sockenstopfen immer an den armen Mann bei Nikolai Gogol, der zum Schneider geht, um seinen uralten Mantel flicken zu lassen.
Der Schneider sagt mit Blick auf den zerfluselten Stoff: "Das geht doch alles auseinander!"
Der Kunde: "Setz einfach ein Fleckchen drunter!"
Der Schneider: "Es ist ja nichts mehr da, worunter man das Fleckchen setzen könnte!"
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Re: Nachhaltigkeit - Socken reparieren

Beitrag von ingeborg »

Danke Michaele für diesen interessanten Beitrag.

Ich selbst repariere leidenschaftlich gerne und die Erinnerung an einen den genähten Eimer den ich vor Jahrzehnten in Portugal sah, ist mir starkes Sinnbild geworden. Gerade habe ich zum zweiten mal die Longierpeitsche repariert an der der Schlag abgefatzt war und die Müslischüssel meines Ponys wieder genäht (so wie der Eimer in Portugal ...). Dafür gab's einige irritierte Kommentare. Lass dich nicht verunsichern in deinem Tun.

Zurück zum Stricken. Bin kürzlich auch auf das Swiss Darning gestoßen und will es versuchen wenn ich für meinen mottenzerfressenen Kaschmir-Schurwolle-Pullover die Originalwolle wieder gefunden habe. Zur Zeit sind die Löcher provisorisch gestopft und der Pullover taugt nur fürs Haus. Die Methode mit den Stricknadeln und dem weichen Stopfkissen hat mir auch gut gefallen! Werde ich auch probieren.

Gerade mache ich Versuche mit Sockenfersen und habe zum ersten mal im Leben eine verstärkte Ferse gemacht. Das hat mich überhaupt nicht überzeugt. Erstens zieht es das Gestrick doch etwas zusammen, zweitens habe ich auch nie Löcher an dieser Stelle. Eher lohnt es sich an einen Schaft einen komplett neuen Fuß anzustricken.
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Re: Nachhaltigkeit - Socken reparieren

Beitrag von Michaela »

Vielen Dank für eure Beiträge!
Einige Beobachtungen kann ich auch teilen. zB, dass die Maschinensocken wesentlich länger durchhalten.
Und man kann auch eine Studie in Sockengarn machen; wie Anna schreibt, manche Socken werden lumpig, der Schaft zieht sich nicht mehr zusammen.

Ja, und dann kommt tatsächlich der Zeitpunkt, bei dem es kein "Fleisch" zum Ansetzen mehr hat.
Mein ältestes Paar Socken ist über 30 Jahre alt, aus schwarzer Rödel-Wolle, damals hatte Sockenwolle eine ganz andere Qualität, aber zugegeben: die heutige SoWo ist nicht so drahtig wie damals, sondern viel weicher.
Viele Grüße - Michaela
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Re: Nachhaltigkeit - Socken reparieren

Beitrag von roni »

Toller Beitrag, Michaela :danke:

Nachdem ich jetzt alle Methoden angeschaut habe, ziehe ich den Hut vor so viel Geduld, die man zweifellos für diese Arbeiten braucht.
Die fehlt mir ganz entschieden 🙈. Bevor ich das anfange, stricke ich mir lieber ein paar neue Socken :lol:
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Re: Nachhaltigkeit - Socken reparieren

Beitrag von mfischer »

Das kann ja (fast) jeder, liebe roni,
und ich mache das auch so. 😊
Ausnahmen sind kleine Löcher in sehr geliebten Socken.
Ich kann aber auch gar nicht so schön und gut stopfen, dass meine Füße es nicht merken würden. Außerdem drängen sich gruselige Erinnerungen an diese fast nur noch aus bolligen Stopfstellen bestehenden braunen, langen, kratzigen, mit meist schon schadhaften Strapsen ans Leibchen zu befestigenden Strümpfe meiner frühen Kindheit auf.
Liebe Michaela, obwohl ich auch weiterhin kaum Socken stopfen werde, bewundere ich deine Stopfkünste sehr!
Übrigens habe ich immerhin mal nach den Anleitungen meiner alten Berninas versucht, mit der Nähmaschine Socken zu stopfen. Das gelang mir ja auch - allerdings waren die Stopfstellen hart und drückten sehr.
Ein Paar Rollrandsocken toe-up, Spitze und Ferse mit verkürzten Reihen nach Lochkarte, kann ich in 30 Minuten von der Maschine werfen, dann noch schnell abketten und zwei Fäden vernähen. Die Version mit handgestricktem Bündchen wird dann nach dem nächsten Krimi fertig.
Schönen Sonntag euch allen!
Margrit
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Michaela
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Re: Nachhaltigkeit - Socken reparieren

Beitrag von Michaela »

Margrit, wie das eine jede für sich selbst handhaben mag: dazu habe ich keine Meinung, diese Erfahrung sammelt jede für sich selbst :D
Ich habe fast nur geschenkte Socken, die halte ich natürlich längstmöglich in Ehren.

Dass maschinengestopft wulstig wird und drückt, das kann ich mir gut vorstellen. Die Passap zum Sockenstricken zu nehmen: das habe ich schon lange vor, die macht so schöne Kanten und Bündchen.

Was sich vermutlich keiner hier vorstellen kann: ich habe sage und schreibe nur 200g Sockengarn im Haus :shock:
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