Petra, bei einem Werkstück ist wesentlich, dass eine eigene
geistige Schöpfungsleistung drinsteckt.
Ich habe bei einer befreundeten Designerin einmal einen Rechtstreit über eine Anleitung miterlebt, da hieß es, das neue Stück müsse eine Abweichung von 30% haben. Dazu gehört nicht, das allerselbe Stück in anderer Farbe zu arbeiten.
Kann ein Designer tatsächlich verbieten, dass man nach seiner (gekauften oder freien) Anleitung produzierte Stücke verkauft? Ist ja schließlich meine Handarbeit drin, die ich da verkaufen will?
Ja.
Es greifen zwei Dinge:
Mit dem
Urheberrecht soll der Schöpfer/die Schöpferin eines Werkes geschützt werden. Dabei stehen vor allem seine/ihre eigenen Ideen und seine wirtschaftlichen Rechte im Vordergrund. Das Urheberrecht gilt für alles, was geschaffen wurde. In dem Moment, indem ich diesen Text schreibe, ist er auch schon urheberrechtlich geschützt, das muss ich nicht dazu schreiben. Der Schöpfungswert ist nicht sonderlich hoch, weil ich veröffentlichtes Wissen in meinen eigenen Worten wiedergebe, aber die Wortwahl und der Satzbau sind gerade von mir aufgeschrieben worden.
Kurz: Wenn ein Werk erstellt und veröffentlicht wird, ist das geistige Eigentum daran schon
automatisch zugesichert.
Streifenpullover sind manchmal kaum unterscheidbar. Das sollte aber nicht dazu verleiten, eine Anleitung herzunehmen, zigfach zB mit der Maschine zu stricken und zu verkaufen, ohne die Schöpferin, also die Besitzerin des geistigen Eigentums zu benennen. Und gefragt werden sollte sie auch, ob du dich an ihrem geistigen Eigentum bereichern darfst.
Das Copyright kommt aus dem amerikanischen Recht. Dabei geht es vor allem um die Rechte am Vervielfältigen und Kopieren eines Werkes. Deswegen bedeutet Copyright übersetzt auch „Kopierrecht“.
Oft genug steht bei Anleitungen, dass man Stücke aus der Anleitung nacharbeiten und verkaufen darf, aber nur mit Erwähnung, wer die Anleitung entwickelt hat. Wessen Hand- oder Fleißarbeit bei der Reproduktion darin steckt, ist da egal. Da greift das Urheberrecht, also die Urheberin darf bestimmen, was mit ihrer geistigen Schöpfung passiert.
Gemäß Artikel 5 der Datenschutz Grundverordnung (DSGVO) werden nicht nur persönliche Daten, sondern genau auch das geistige Eigentum besonders geschützt. Wenn man eine Quelle (Name und Herkunftsort) findet, muss sie angegeben werden (zB "Ich habe ein Design nach der Anleitung von XYZ leicht abgewandelt nachgearbeitet"). Manchmal hat ein Urheber auch die alleinigen Rechte, dann steht da „Alle Rechte vorbehalten“. Oder es steht bei Anleitungen oft "nur zum persönlichen Gebrauch". Dann darf das Werk nicht für wirtschaftliche Zwecke benutzt werden. Wer fremde Inhalte geschäftlich nutzen möchte, muss sich immer immer direkt an den Urheber wenden, in der Regel geht es um Inhalte, die man im Internet findet.
Ich habe mich einmal an eine Schweizer Urheberin der Anleitung für einen recht komplexen Zwerg gewandt, also ein Werk mit größerer Schöpfungshöhe. Ziel war, mehrere Zwerge in einer Gruppe Strickerinnen zu arbeiten und am Schul-Bazar zu einem guten Zweck zu verkaufen. Das wurde gestattet. Die Zwerge zu arbeiten, um sie zur persönlichen Bereicherung zu verkaufen, hat sie untersagt.
Für das Copyright gibt es in D kein eigenes Gesetz, es fällt alles unter das Urheberrecht.
Beispiele für Raubkopien gibt es viele, man denke an die Designertaschen mit Logos, oder dass man im Urlaub zu einem Bruchteil des Preises Poloshirts mit dem Lakotz-Krokodil kaufen kann. Da kann die Näherei auch nicht sagen: wir haben die schließlich kopiert und selbst genäht, das geistige Eigentum hat Vorrang, und das liegt bei Lakotz oder denjenigen, die die
Lizenz zur Herstellung und Verbreitung erworben haben.
Der erste Gedanke sollte also nicht sein: "schließlich habe ich das angefertigt", sondern: "wessen geistiges Eigentum, wessen Schöpfungswerk verwende ich da?"
Das gilt auch bei anderen Dingen: das Urheberrecht des Schwarzwälder Schinkens zum Beispiel. Wer den woanders als im Schwarzwald nachmacht, muss schreiben "Schinken Schwarzwälder Art".
Oder bei Möbeln. Wer Möbel von zB Chippendale oder Bauhaus nachbaut, darf sie nicht "Chippendale-Möbel" oder "Bauhaus-Kommode" nennen, sondern muss dazu schreiben "Chippendale nachempfunden" oder "Bauhaus-Inspiriert".
Ich selbst habe zwei Jacken von Hanne Falkenberg vom Anblick der Bilder im Netz nachgestrickt ohne Anleitung, schon eine eigene Leistung, können sicher nicht alle. Dennoch habe ich die Urheberschaft der Idee benannt, erstens aus Respekt, zweitens um zu dokumentieren, von wem die Idee kommt. Meine Leistung war lediglich "von der Abbildung nachzustricken", auch mit anderen Farben. Aber die Grundidee hatte jemand anderes, und die ist geschützt, der Eigentümer der Idee darf damit machen, was er will, auch die Nutzung zu anderem als zum persönlichen Gebrauch verbieten.
Und was ich geschrieben habe, ist auch nur ein Streiflicht, jemand mit Absichten sollte sich juristischen Rat holen.