Erfahrene Strickerinnen wissen, dass glatt rechts sich einrollt. Neue Strickerinnen, die ja immer wieder frisch zur Strick-Gemeinde hinzukommen, wissen das aber meistens nicht und sind schrecklich enttäuscht, wenn ihr schöner glatt rechts gestrickter Schal sich zu einer Wurst zusammendreht.
Nur Gestrick, das auf beiden Seiten einigermaßen gleich ist, bleibt glatt. Glatt rechts hingegen rollt sich. Es kann nicht anders, denn es ist auf beiden Seiten unterschiedlich, auf der einen Seite rechts und auf der anderen links.
Warum rollt es sich, will die interessierte Strickerin wissen. Nun, das liegt am Verlauf des Fadens innerhalb der Maschen. Auf der rechts erscheinenden Seite verläuft der weitgehend senkrechte Teil des Fadens, der V-förmige aussieht. Auf der links erscheinenden Seite hingegen verläuft der weitgehend waagerechte Teil. Wir können uns diese Teile als verfeindete Sippschaften vorstellen. 😉 Sie haben das Bedürfnis, sich Platz zu verschaffen, so als ob sie mit ihrer Breite die Nachbarschaft beiseitedrücken wollen. Das heißt, die rechten Maschen, bei denen der Faden von oben nach unten läuft, drücken nach rechts und links zur Seite, und die linken Maschen, deren Faden von rechts nach links läuft, drücken nach oben und unten.
Die rechten Maschen drücken also zu den Außenseiten, als versuchten sie, um die Seitenkante herum auf die andere Seite zu kommen. Und die linken Maschen drücken nach oben und unten bis um die Kanten herum auf die rechte Seite und erzeugen dort eine Rolle. Sie machen das im Prinzip so lange, bis ihnen eine gleich starke Masche entgegenkommt oder bis ihnen die Energie ausgeht (zur Energie kommen wir gleich). Aufhalten kann man beide, indem man ihnen gleichartige Maschen entgegensetzt. Auf der Rückseite von glatt rechts ist keine einzige rechte Masche, die die anderen Rechtsmaschen aufhalten könnte, also rollt es sich nahezu unendlich. Würde man jede 2. Masche links stricken, dann könnte sich die 1. rechte Masche nur so weit einrollen, bis ihr ihre Nachbarin entgegenkommt. Deshalb bleibt 1rechts 1links flach.
Genauso verhält es sich mit dem Einrollen an der unteren und oberen Kante. Würde den Linksmaschen in der folgenden Reihe gleich eine andere Reihe Linksmaschen entgegenkommen, dann könnten sie sich nicht weiter einrollen. Deshalb bleibt Krausgestricktes flach.
Das plastische Erscheinungsbild von Rechts-Links-Mustern entsteht ebenfalls durch das “Rollbedürfnis” der Maschentypen. Rechte Maschen sind dominant zu den Seiten und “überrollen” Linksmaschen bis zur Unsichtbarkeit, z.B. im oben genannten Rippenmuster. Linke Maschen sind dominant nach oben und unten und “überrollen” Rechtsmaschen bis zur Unsichtbarkeit, z.B. beim Krausstricken.
Nun gibt es aber doch auch glatt rechts Gestricktes, das sich praktisch gar nicht rollt, sagt die erfahrene Strickerin. Spitzenmuster zum Beispiel, oder der schicke gekaufte Sommerpulli aus Baumwolle. Stimmt, sage ich, und jetzt kommen wir zur Energie. Ohne ausreichende Energie kann sich Gestricktes nicht rollen. Es bekommt seine “Energie” allerdings nicht aus der Steckdose oder dem Benzintank, sondern aus der Elastizität. In einem sehr lockeren, labbrigen Gestrick haben alle Maschen viel Platz und kaum das Bedürfnis, die Nachbarn zu überrollen. Je fester das Gestrick, desto enger wird es aber für die Maschen, und desto mehr wollen sie sich Platz verschaffen. Lochmuster werden meistens sehr lose gestrickt und sind nicht sehr elastisch. Deshalb rollen sie sich viel weniger.
Einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Energiehaushalt eines Gestricks hat aber auch das Garn. Sehr elastische Garne wie Cabléwolle rollen sich auch dann noch, wenn sie locker verarbeitet werden. Verstrickt man sie auch noch sehr fest, dann bekommt man das Rollen überhaupt nicht mehr in den Griff. Auch Dämpfen hilft nichts, die Wolle bleibt elastisch. Baumwolle, Seide und ähnliche unelastische Garne hingegen (auch viele Effektgarne) bleiben auch bei festerer Strickweise einigermaßen flach, weil sie dem Gestrick keine zusätzliche Energie liefern.

When the knitting curls
Experienced knitters know that plain knitting keeps curling. But new knitters, continuously joining the knitting congregation, often do not know it and consequently are very frustrated when their beautiful plain knitted scarf rolls up like a sausage.
Only knitting that is about the same on both sides will stay flat. Plain knitting will curl. It can’t help because it is different on both sides; one is knit and the other is purl.
Now why does it curl, the knitter asks. Well, that is due to the way the thread builds the stitches. On the knit side, the thread runs almost vertically, building the V shapes. On the purl side, the thread runs vastly horizontally. Let us imagine both types of stitches are clanships at enmity with each other. 😉 They want more space as if to push their neighbours aside. The knit stitches, where the thread runs vertically, push sideways, and the purl stitches, where the thread runs horizontally, push upward and downward.
So the knit stitches push to the outsides as if trying to get around the edge to the purl side. And the purl stitches push and roll upward and downward around the upper and lower edge to the knit side. In principle they try this until they meet an equal stitch or until they run out of energy (we will get to that energy thing later). They can be stopped by confronting them with equal stitches. On the back of plain knitting there is not a single knit stitch which could stop the other knit stitches, so they curl almost infinitely. If we purl every second stitch, the first knit stitch can only curl around the edge until it meets the first knit stitch on the back side. This is why knit1 purl1 stays flat.
It’s the same with the upper and lower edges. If the purl stitches encounter another set of purl stitches just around the edge, they cannot not curl any further. This is why garter stitch stays flat.
The 3-dimensional appearance of knit-purl patterns emerges from the stitches‘ need to roll. Knit stitches dominate sideways and try to “roll over” adjacent purl stitches until the latter are invisible, e.g. in rib patterns. Purl stitches dominate vertically and “roll over” knit stitches until the latter are invisible, e.g. in garter stitch.
But, the experienced knitter interjects, there is plain knitting around that hardly ever curls. Lace knitting comes to mind, or the lovely shop-bought cotton summer shell. Correct, I answer, and now we get to the energy thing. Without energy, knitting cannot curl. However it does not get its “energy” out of the power outlet or the fuel tank, but from elasticity.
A very loose, flimsy knitting offers enough space for each stitch, so they “need” not overcome their neighbours. But the firmer the knitting, the more they tend to make room for themselves. Lace patterns are often loosely knit and not very elastic. So they hardly tend to curl.
The yarn itself has a substantial influence on a knitting’s “energy budget”. Very elastic yarns like cabled wool curl even when loosely knit. If they are firmly knit, their curliness can hardly be controlled. Even steaming will not help, the wool stays elastic. Cotton, silk and similar inelastic yarns however (and many novelty yarns, too) stay flat even when firmly knit because they do not provide additional energy.