Auch bei mir geht beim Maschinestricken nicht alles glatt. Als ich das Vorderteil dieser Tunika strickte und die zweite Ausschnitthälfte beginnen wollte, hatte ich wohl den Faden nicht richtig eingefädelt, jedenfalls stürzten alle Maschen von den Nadeln in B-Position. Und da ich ein dünnes, glattes Seidengarn relativ locker verstrickte, ribbelten die Maschen praktisch ungebremst abwärts.
Im ersten Moment hätte ich fast geweint. Dann entfernte ich alle Gewichte, warf das Teil komplett von den Nadeln, also auch die stillgelegten Ausschnittmaschen, die noch an der Maschine hingen, und legte es auf den Boden. Nein, darauf herumgetrampelt bin ich nicht. Aber fast eine Woche lang lag es unberührt vor meiner Strickmaschine, denn ich hatte weder Zeit noch Lust, mich weiter damit zu beschäftigen. Immerhin konnte ich mir in dieser Zeit in Ruhe überlegen, ob und wie dieses Teil überhaupt noch zu retten war.
Letztlich hängte ich die Maschen am Beginn des glatt-rechts-Bereichs wieder auf die Nadeln, weit genug unterhalb der gefallenen Maschen. Dann ribbelte ich das Gestrick oberhalb der aufgehängten Maschen auf und wickelte es auf eine Kone. Am folgenden Tag strickte ich den oberen Teil neu, und diesmal ging alles gut. Auch beim Anstricken der Blenden gab es keine weiteren Probleme. Nun ist diese Tunika fertig, und ich warte sehnsüchtig auf etwas wärmeres Wetter, damit ich sie mal über einem langärmeligen T-Shirt tragen kann.
Nun wisst Ihr also, dass auch mir mal die fast fertigen Teile von den Nadeln hüpfen, und dass ich das nicht lustig finde.
Was sich für mich in solchen Fällen bewährt hat:
1. Ruhe bewahren und bloß nicht am Strickstück zerren.
2. Gewichte entfernen und das Teil von der Maschine nehmen. Der Kamm kann ggf. drin bleiben, möglicherweise braucht man ihn später noch, wenn es neu gestrickt wird.
3. Niemals versuchen, die Maschen der obersten Reihe einzuhängen. Das geht schief, weil sie beim leisesten Zug weiter aufribbeln.
4. Stattdessen sollte man eine Reihe auswählen, die
a) weit genug unterhalb der aufgeribbelten Maschen ist und
b) im Muster und/oder bei der Reihenzahl gut identifizierbar ist. In meinem Fall bedeutete das, die Maschen oberhalb des Rippenmusters einzuhängen und dann die paarundfünfzig Reihen darüber aufzuribbeln.
5. Beim Aufhängen der Maschen eventuelle Formgebung berücksichtigen. Als mir das Teil von der Maschine fiel, waren die Abnahmen für die Armausschnitte schon beendet, und ich hatte 62 M links und rechts der Mitte in Arbeit. Aber für den Neustart musste ich je 82 M links und rechts in Arbeit stellen (und beim Weiterstricken dann die Abnahmen natürlich erneut vornehmen).
Noch ein paar Details zur Tunika:
Eigenes Design, gestrickt aus knapp 150 g Posh “Olivia” (100 % Maulbeerseide, 750 m/100 g) Farbe “Do Si Do” auf Brother KH 965, MW 5. Die Blenden sind mit dem KG und MW 4 gearbeitet. Das Lochmuster ist Nr. 149 aus dem Stichworld Pattern Book III (das für die KH 970).