Strickbücher

Kürzlich fragte mich jemand, welche meiner vielen Strickbücher ich besonders empfehlen könnte. Das ist schwierig zu beantworten, es kommt nämlich darauf an, welcher “Zielgruppe” ich sie empfehlen soll.

Die Strickanfängerin ist meiner Ansicht nach bestens versorgt mit einer aktuellen Strickzeitschrift (je nach Altersklasse würde ich die “Rebecca” für die jüngeren und die “Verena” für die reiferen empfehlen) und einem Technik-Buch. Derzeit erhältlich und wohl auch sehr gut ist “Das große Strickbuch” von Katharina Buss, aber auch ältere Bücher reichen aus. So sehr viel hat sich in den Grundtechniken in den letzten 50 Jahren schließlich nicht geändert. Im Buch sollten Erläuterungen für mindestens zwei, besser drei verschiedene Anschläge sein, außerdem natürlich rechte, linke, rechts und links verschränkte Maschen, Umschlag, die verschiedenen Arten des Zusammenstrickens, Abnahmen und Zunahmen und Abketten. Und bitte vernünftige Hinweise zum Ausarbeiten, inklusive Hinweis auf die vermaledeiten Randmaschen. “Perfekt Stricken” von Hanna Jaacks aus dem Jahr 1986 erfüllt ziemlich genau diese Voraussetzungen und steht in vielen Leihbüchereien, wenn das Geld für den Kauf bei Ebay oder im Antiquariat nicht reicht. Das Buch ist mein Standard-Nachschlagewerk, wenn ich Details über eine bestimmte Technik nachlesen will.

Hat unsere Anfängerin die ersten Modelle gestrickt und Spaß am Stricken gefunden, dann entwickelt sie sicherlich gewisse Tendenzen und Interesse für bestimmte Techniken, Stilrichtungen oder Kleidungsstücke. Für Handschuhe, Socken, Tücher, Ponchos, Schals etc. gibt es inzwischen auch auf Deutsch allerlei Bücher und Büchlein mit Tipps und Modellen.
Möchte sie sich eigene Modelle ausdenken, dann hilft neben etwas räumlichem Vorstellungsvermögen und Kenntnissen über Dreisatzrechnung z.B. ein Buch oder Heft mit Strickmustern. Man sollte möglichst eins wählen, das Diagramme enthält und nicht die Muster Wort für Wort erklärt. Erstens lernt man so gleich das Stricken nach Strickschrift, und zweitens ist das mit ein wenig Übung viel einfacher und übersichtlicher als seitenlange Text-Beschreibungen. Drittens eröffnet es einem den Weg in die weite Welt: Ein Diagramm mit weitgehend genormten Symbolen kann aus Japan stammen; eine mitteleuropäische Strickerin wird es trotzdem lesen und nachstricken können.

Wie es danach im Bücherschrank unserer Strickerin weitergeht, ist schwer vorhersagbar. Sie kann Interesse für bestimmte Designer entwickeln oder für klassische Techniken wie Fair Isle, Aran, Spitzenstricken. Über alle diese Themen gibt es vor allem auf Englisch so viele lesenswerte Bücher, daß man sie gar nicht alle aufzählen kann.

Hat unsere nunmehr erfahrene Strickerin sich zwischenzeitlich womöglich eine Strickmaschine zugelegt? Dann empfehle ich neben den Büchern, an denen ich selbst mitgearbeitet habe (das “Kragen”-Buch sollte im Januar wieder erhältlich sein), und dem ersten Buch von Hanne Barth vor allem die (englischen) Klassiker von Mary Weaver, die leider nur noch gebraucht erhältlich sind.

Noro Revisited

Heute war’s in der Post: “Noro revisited” von Cornelia Tuttle Hamilton. Ich habe bereits ihre beiden ersten Bücher und finde, dieses ist nochmals eine Steigerung. Man findet weniger wuchtige Noro-typische Zopfmuster, dafür zartere Strukturen und zurückhaltendere Farben.

“Noro Revisited” von Cornelia Tuttle Hamilton

Gut, nicht mit jedem der 22 Modelle kann ich etwas anfangen. Der gewaltige “Orsa”-Shawl, für den man zwei Personen allein zum Drapieren benötigt, ist für mich sicher äußerst entbehrlich. Aber einige Modelle kommen sofort auf meine Wunschliste. Ganz oben steht “Kolsva”, ein kuscheliger Traum mit einem tiefen runden Ausschnitt. “Mora” mit seinen diagonalen Linien hat Witz, “Danbyholm” hat eine schöne Kragenlösung, und “Ängelsberg” macht das Beste aus dem Farbverlauf. Für dieses Modell würde ich mir eine Anleitung für Erwachsene wünschen.
Ganz großes Lob an die Designerin: Mit “Avesta” hat sie es gewagt, ein Modell in Übergröße an einem adäquaten Körper zu präsentieren!

Fehlkauf und Volltreffer

So nah beieinander kann das liegen! Beides sind Bücher von Rowan.

Links “Shorelines” von Di Gilpin, es enthält 15 Modelle. Streng genommen sind es nur 13, denn die Anleitungen für einen Pullover und einen Rock sind jeweils in zwei unterschiedlichen Variationen gegeben. Insgesamt werden acht Jacken, ein Schal, ein großes Tuch, zwei Pullover und der Rock gezeigt, wunderschön fotografiert, jedoch immer so, daß man auf den Großaufnahmen nur Ausschnitte sieht und auf den kleinen Bildchen bei den Anleitungen die Details bestenfalls erahnen kann. Außerdem werden bemaßte Schnittzeichnungen sorgfältig vermieden. Man könnte ja sonst auf die Idee kommen, das Zeug tatsächlich nachzustricken, obwohl die Farben so ausgewählt sind, daß sie eher abschrecken: Schmuddelgrau ist allgegenwärtig, vorzugsweise in Intarsientechnik kombiniert mit Kreischrot, Kotz-Orange oder Brüllmagenta.
Nein danke, Ms. Gilpin, das hätte wirklich nicht sein müssen, schon gar nicht zum fürstlichen Preis von 14.99 £.

Rechts “Vintage Styles” mit Designs von Kim Hargreaves und den üblichen Rowan-Designern wie Fassett, Dallas, Harding und weiteren. Dieses Buch enthält 30 Modelle, und über die Hälfte davon würde ich sofort anziehen. Gut, das Titelmodell muß man nicht wirklich haben, und für einen Shawl aus Häkelquadraten in äußerst merkwürdigen Farben habe ich auch keinen Bedarf, genauso wenig wie für Folklorestickereien. Aber es bleiben noch genügend wirklich schöne, klassische Modelle übrig. Meine Favoriten sind “Suzette” (ich gehe im Geiste schon meine Sockengarnreste durch), “Elise”, “Magnolia” und vor allem “Salina”. Da könnte ich doch glatt meine Aversion gegen Knopfleisten überwinden. 🙂
Wenn die Rowans sich jetzt noch entschließen könnten, ihre spartanischen Schnittzeichnungen ein klein wenig ausführlicher zu gestalten, wären die 13.95 £ noch besser angelegt, aber auch so lohnt es sich.