Die verstrickte Dienstagsfrage Woche 8/2015

Längere Zeit habe ich mich nicht an den Wollschaf-Fragen beteiligt habe, aber die dieswöchige Frage finde ich spannend. Sie lautet:
Was macht für Dich ein gutes Strickdesign aus?

Gutes Strickdesign entsteht für mich, wenn Garn, Farbe(n), Muster und Form eine harmonische Kombination mit vielleicht noch einem Tick Außergewöhnlichkeit bilden. Falls das Gestrickte ein Kleidungsstück ist, sollte es außerdem natürlich gut passen und den Träger bzw. die Trägerin vorteilhaft kleiden. Ein (selbst entworfenes) Beispiel für ein meiner Ansicht nach schlichtes gutes Design wäre dieser Pullover:

schlichter Pullover im Rippenmuster
(Bitte über die Ziehfäden hinwegsehen; ich trage das Ding häufig, da bleiben kleinere Schäden nicht aus.)

Die Aufteilung der Rippen entstand seinerzeit zufällig infolge eines Denkfehlers, aber ich finde sie so schön, dass ich dieses Modell mittlerweile in sechs verschiedenen Farben für mich selbst gestrickt habe, und für nicht strickende Familienmitglieder und eine Freundin in zusätzlichen Größen und Farben. Es dürften aber noch mehr werden; weitere Interessenten haben sich schon gemeldet.

Betrachten wir mal das Gegenteil. Schlechtes Strickdesign kann vielerlei Ursachen haben. Es hängt nicht allein vom Designer ab, sondern kann auch noch beim Stricken entstehen, beispielsweise wenn ein prinzipiell guter Entwurf mit einem ungeeigneten Garn nachgestrickt wird. Der Klassiker dafür: Komplexe Lochmuster, gestrickt aus knallbunt handgefärbtem Garn mit unruhigem Farbwechsel. Entsprechend kann ein etwas verunglücktes Original-Modell durch eine geschickte Garn- und Farbwahl des öfteren noch optimiert werden. Ich habe z.B. vor zwanzig Jahren mal ein Muster aus dem Strickmaschinenmusterbuch Stitchworld II (Nr. 810, um es genau zu sagen), das dort in kontrastreichem Blau-Weiß-Rot abgebildet ist, in Beige, Braun und Grün nachgestrickt. Die Farben passten wesentlich besser zum Muster, und es kam damit viel schöner zur Geltung.

Ebenfalls als schlechtes oder zumindest problematisches Design würde ich Fälle ansehen, bei denen Designer nur um der Originalität willen die Passform vergewaltigen. Beispiel: Paris Sweater und so manche in Runden von der Rückenmitte aus gestrickte Jacke, deren Trägerin dann hinterrücks und ungewollt zur Zielscheibe mutiert.

Ob die jeweilige Anleitung für einen Entwurf einfach oder schwierig, gut oder schlecht ist, finde ich für die Beurteilung des eigentlichen Designs irrelevant. Wenn man selbst entwirft (oder abwandelt) und dann auch selbst strickt, spielt die Anleitung sowieso nur eine untergeordnete Rolle. Man macht es einfach so, wie man es haben will.

Noch eine Ergänzung: Über Geschmack kann man sich streiten, und ich beanspruche für den meinen keine Allgemeingültigkeit. Die Frage lautete ausdrücklich: “Was macht für Dich ein gutes Strickdesign aus?” Und so habe ich sie auch beantwortet. 🙂

Farben und Phobien

Vor einer Woche war ich im Val d’Argent zur alljährlichen Quilt-Ausstellung. Es war wie immer großartig, obwohl mir diesmal die Ausstellungsstücke weniger gefallen haben als letztens. (Entsprechend weniger habe ich auch digigrafiert.) Irgendwie kann ich mich z.B. für Schrillfarbenes aus Ozeanien nicht so recht begeistern; je älter ich werde, desto mehr bevorzuge ich ruhigere Farbtöne.
Eine spezielle Aversion entwickele ich offenbar gegen shocking pink. Keine andere Farbe erzeugt bei mir so eine heftige spontane Abneigung. Trotzdem finde ich es spannend, mir auch mal Sachen anzusehen, die mich nicht sofort begeistern und zu denen ich mir einen Zugang erst suchen muß.

Abgesehen von den Quilts gab es natürlich auch nebenbei allerlei zu begucken. Beispielsweise sah ich in einem der Ausstellungsräume eine Dame, die Kaffe Fassetts “Foolish Virgins” als Jacke trug. Das komplizierte Intarsienmuster war makellos gestrickt und ausgearbeitet, und die Trägerin hatte eine schlanke Figur. Dennoch war mir bei dem Anblick klar, daß ich dieses Design so niemals nacharbeiten würde, und das nicht nur wegen der aufwendigen Intarsien. Die Farben sind einfach zu schrill, es wirkte auf mich wie ein Clownskostüm. Und ich bin bei meiner Farbwahl normalerweise nicht sehr zimperlich. Wennschon Fassett, dann entweder einfache, geometrische Muster in kräftigen Farben, oder aber komplexe Designs und dafür lieber zartere Nuancen. Da bin ich dann eher ein Feigling. 😉

Wer die “Foolish Virgins” übrigens möglichst original nachstricken will, benötigt dazu entweder “The Best of Rowan” oder aber “Kaffe’s Classics”. In beiden sind farblich leicht verschiedene Versionen aus Rowan Cotton Glace enthalten. Schrill sind sie gleichermaßen.