Das Wollschaf fragt heute:
ich lese in etlichen Blogs mit und bin immer wieder fasziniert, was für tolle Modelle dort gestrickt werden und – gebe ich zu – auch etwas neiderfüllt. Ich stricke selbst sehr gern, kann aber nur ganz einfache Sachen (Socken, einfache Lochmuster), zu mehr reicht es irgendwie nicht. An Strickschriften und Vorlagen bin ich bisher noch jedesmal frustriert gescheitert, weil ich damit nicht klarkomme, und Pullover etc. auf meine Größe umrechnen ist mir ein Buch mit sieben Siegeln. Ich lerne am besten, wenn mir jemand konkret zeigt, wie es geht, aber so jemanden gibt es in meiner Umgebung leider nicht.
Wie habt ihr so gut stricken gelernt? Learning by doing? Stricktreff irgendwo? Mama, Tante, Oma? Was ratet ihr jemandem, der nur Grundkenntnisse im Stricken hat – wie lernt man besser und komplizierter stricken und z.B. Vorlagen “lesen”?
Herzlichen Dank an Karin für die heutige Frage!
Die Grundbegriffe des Strickens, also Maschen anschlagen, rechte und linke Maschen stricken, abketten habe ich als Kind gelernt. Alles weitere, auch Musterstricken, habe ich mir selbst als Erwachsene beigebracht, indem ich mich hingesetzt und es ausprobiert habe. Eine besonders fachkundige Strickerin bin ich aber auch nach Hunderten von Pullovern und Socken nicht, weil ich viele Spezialtechniken (z.B. Fair-Isle mit Steeks oder Socken von der Spitze, um nur zwei Beispiele zu nennen) niemals praktiziert habe. Man kann auch mit mittelmäßigen Kenntnissen und Fähigkeiten mehr Trag- und Brauchbares produzieren als so manches Experimental-Genie und braucht sich nicht zu schämen, wenn man nicht alle tollen Techniken beherrscht.
Strickschriften lesen lernt man am besten, indem man mit einfachen Sachen anfängt, beispielsweise mit Rechts-Links-Mustern nach Diagramm. Dabei sollte man im Hinterkopf behalten, dass verschiedene Verlage oder Designer auch verschiedene Symbole für ein und dieselbe Maschenart verwenden können, weil es nicht nur eine Art von Strickschrift gibt. Zuerst liest man deshalb die Legende, d.h. die Beschreibung der Symbole. Darin steht, was mit einem bestimmten Symbol gemeint ist. Wenn man dann noch ein gutes Stricktechnik-Buch zum Nachschlagen zur Hand hat, in dem beispielsweise beschrieben ist, wie denn nun eine Masche links verschränkt oder rechts überzogen zusammengestrickt wird, dann klappt’s auch mit den Strickschriften. Das bewahrt einen natürlich nicht vor eigenartigen Bezeichnungen und Umschreibungen in manchen Anleitungen (z.B. die von Garnstudio, bei denen sich mir regelmäßig das Hirn zerkräuselt und die ich deshalb meide wie die Pest). Wenn man also mit bestimmten Anleitungen überhaupt nicht klar kommt, dann sollte man einfach mal testen, ob einem andere Bücher, Zeitschriften, Internet-Sites mehr liegen. Es liegt nämlich nicht immer an der Strickerin, wenn eine Anleitung scheinbar nicht funktioniert.
Das Berechnen von Maschen und Reihen ist eine gänzlich andere Baustelle und hat mit Strickkenntnissen überhaupt nichts zu tun. Hier ist nur zweierlei gefragt:
Erstens, die richtigen Maße ermitteln. Das geht durch Ausmessen an der Person oder an einem gut passenden Kleidungsstück.
Zweitens, aus den Zielmaßen und der Maschenprobe die richtigen Maschen- und Reihenzahlen ermitteln. Das ist in erster Linie Dreisatz und ein bißchen zusätzliche Arithmetik für Schrägungen und dergleichen. Mir hat mal ein bekennender Nichtstricker erzählt, dass er als Zwölfjähriger die Ärmelzunahmen für die Pullover seiner Mutter berechnet hat. Man muss keine einzige Masche stricken können, um Maschen- und Reihenzahlen auszurechnen. Und für Strickerinnen mit Mathe-Phobie und ohne rechenfreudige Kinder gibt es Programme, die das Ausrechnen übernehmen.