Die verstrickte Dienstagsfrage 46/2010

Das Wollschaf fragt heute:
Wo ist die Grenze zwischen “gerne stricken” und richtig “stricksüchtig sein”? Wo ordnest Du Dich ein? Gehst Du Käufe eher nüchtern an und kaufst genau für Dein Projekt ein oder kannst Du Dich in einem Wollgeschäft “nicht beherrschen” und kaufst eher wahllos ein. Hast Du ein kleines Strickkörbchen manierlich mit einem Projekt da stehen oder erstickst Du in Wollknäueln? Was ist eigentlich Stricksucht? (Ich gehöre übrigens zu den Stricksüchtigen!)
Vielen Dank an Ute für die heutige Frage!

Wenn Sucht bedeutet, dass man an nichts anderes mehr denken kann, dass man Familie, Job, Essen und Trinken und soziale Kontakte vernachlässigt, dann bin ich nicht stricksüchtig. Ich würde sogar bezweifeln, ob man überhaupt in diesem Sinne strick“süchtig” sein kann. Sind bzw. waren möglicherweise diejenigen stricksüchtig, die seinerzeit an Aktionen wie “Murdered by Lace”, “Sock War” und ähnlichen Wettstrickereien teilgenommen haben? Anders kann ich mir nicht erklären, wie man sich für so etwas begeistern kann. Vielleicht kann man derlei Ehrgeiz vergleichen mit dem Versuch, möglichst viele Kartoffelklöße mögichst schnell zu verzehren, statt in Ruhe ein fünf-Gänge-Menu zu genießen. Letzteres bringt mich zwar nicht ins Guinness-Buch, macht mir aber bedeutend mehr Spaß und vor allem schmeckt es besser. 🙂
Ich halte es jedenfalls locker mehrere Stunden am Stück ohne Strickzeug aus, vor allem wenn ich gerade arbeite, koche oder sonst etwas tue, das mir wichtig ist. Zwar stricke ich nahezu täglich, aber oft sind das nur ein paar Reihen oder Runden. Für mich ist es ein Hobby, das mir schon über so manche schwierigen Stunden hinweggeholfen hat. Wenn um einen herum die Welt zusammenbricht und man für den Moment nichts, aber auch gar nichts tun kann, um das zu verhindern, dann ist es ungemein tröstlich, wenigstens im Kleinen produktiv zu sein und aus einem Stück Garn etwas Neues und Heiles zu erschaffen.
Dazu gehört für mich auch ein gewisser Garnvorrat, aus dem ich, je nach Lust, Laune und Anlass, wählen kann. Wahllos und unbeherrscht ist dieser Garnvorrat allerdings nicht entstanden, sondern entsprechend meinen Vorlieben. Wenn ich ein Wollgeschäft betrete, schreckt mich eine gigantische Auswahl eher ab, als dass ich in Kaufrausch verfalle. Da ich bekennende Großteilstrickerin bin (mit kleinen Ausrutschern in der letzten Zeit), kaufe ich eher eine größere Menge von einer Sorte als einen Haufen faszinierende Einzelknäule. Faszinierende Einzelknäule habe ich später automatisch zuhause, als Überbleibsel meiner Großprojekte. 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*