Von Interweave Knits inspiriert: Seven Lines

Im vorvergangenen Monat hatte ich ja über die Modelle in der Interweave Knits Fall 2013 gelästert. Bei genauerem Hinsehen fand ich aber doch das eine oder andere interessante Element, speziell am “Seven Sisters Pullover”, der leider am magersüchtigen Modell wenig attraktiv wirkt.

Was mir an diesem Pullover gefällt, sind die Farbe und die schrägen Streifen. Was ich daran blöd finde:
1. Die Streifen wachsen nicht organisch aus dem Bündchenmuster heraus, obwohl das problemlos möglich wäre, hätte man mit 2re 2li statt 1re 1li begonnen.
2. Sie werden verschämt unter den Achseln versteckt.
3. Die Technik, in der sie gestrickt sind (mit Zu- und Abnahmen statt verkreuzt), begünstigt gemeines Schrägeln.
4. Die Rundpasse passt meiner Ansicht nach nicht zu den schrägen Linien. Wahrscheinlich war das auch der Grund, weshalb die Streifen so früh verschwinden mussten.

Zufällig hatte ich Garn in ähnlicher Farbe im Haus, nämlich die Qualität “Betsy” (70 % Blue Faced Leicester Wolle, 20 % Seide, 10 % Cashmere) von Posh Yarn in einem dunklen melierten Grün mit dem schönen Farbnamen “Hansel & Gretel”. Es zeigte sich, dass dieses Garn sich geradezu traumhaft gut mit der Strickmaschine verarbeiten lässt. Und so entstand mein Gegen-Entwurf “Seven Lines”.

Pullover im Ganzen

Die Schrägstreifen (ja, es sind sieben, und im Rückenteil verläuft das Muster genauso) sind hier das wichtigste Design-Feature. Sie entspringen direkt dem Bündchenmuster und laufen durch bis zur Schulter. Die Maschen werden dabei wie ein Zopfmuster in jeder zweiten Reihe um eine Masche verkreuzt, nicht zu- und abgenommen. Das stellt sicher, dass das Gestrick sich nirgendwo schrägelnd verziehen kann. Die Strickbasis ist übrigens glatt rechts, zwischen den Streifen sind keine Linksmaschen.

Musterdetail am Ausschnitt

Der Pulloverschnitt ist ganz klassisch mit Armkugel, der Ausschnitt ist halsnah, aber nicht einengend. Der Schnitt hat so viel Weite, dass ich noch ein körpernahes T-Shirt darunter tragen kann, und ist eng genug, um bequem eine Jacke drüberziehen zu können. Und das Garn ist angenehm weich, aber nicht gummi-artig. Ich glaube, das Ding hat das Zeug zu einem neuen Lieblingspullover.

Eine angekündigte Überraschung

Vergangene Woche erfuhr ich, dass die in den USA sehr bekannte Wollmarke “Red Heart” jetzt auch in Deutschland vertreten sein wird. Das wird so manche Strickerin, die gern nach amerikanischen Anleitungen arbeitet, sicherlich sehr freuen, denn jetzt sind diese dort sehr beliebten Garne im Original auch hier zu bekommen. Und wer lieber nach deutschen Anleitungen strickt: Auf der deutschen Website gibt schon verschiedene kostenlose Anleitungen; es werden sicherlich in der nächsten Zeit noch viele dazu kommen.

Bei mir traf nun gestern ein Paket mit verschiedenen “Red Heart” Garnen und einigem Zubehör zum Testen ein:

Paket von Red Heart

Der Hit schlechthin ist natürlich das Bandmaß in Herzform (auf dem Bild kaum zu erkennen). Es misst 60 Zoll bzw. 150 cm und ist auf einen Seite in Zoll, auf der anderen in Zentimetern bemaßt. In ausgezogenem Zustand kann man damit normal hantieren, durch einen Klick auf das kleine weiße Herz auf der Rückseite rollt es sich automatisch auf. Mit dem Karabinerhaken kann man es beispielsweise an der Projekttasche befestigen und auch schnell wieder lösen.

Ich bin angenehm überrascht, dass es von dieser Firma auch interessante Naturfasern bzw. Kombinationen aus Kunst- und Naturfasern gibt. Die Qualität “Miami” beispielsweise ist eine mercerisierte Baumwolle; Qualität “Fina DK” ist eine griffige reine Schurwolle ohne Gummi-Merino-Charakter; Qualität “Romy” ist ein dickes Dochtgarn aus halb Schurwolle, halb Polyacryl. Gut gefallen mir die ausführlichen Informationen auf den Banderolen. Neben Waschanleitung, Lauflänge und Mengenangaben z.B. für einen einfachen Pullover in Größe 40 als Anhaltspunkt finden sich erfreulich realistische Angaben zu Nadelstärken und Maschenprobe. Ergänzt werden sie durch die im angelsächsischen Raum üblichen Daten gemäß “Standard Yarn Weight System” , so dass man sich leichter orientieren kann, welches Material für ein bestimmtes Projekt in Frage käme. Zusätzlich ist bei einigen Qualitäten angeben, ob es sich um “Aran” oder “DK” handelt, und ich fand teilweise sogar Nm-Zahlen (Garnstärke nummerisch-metrisch).

Nun heißt es, die Probeknäuel zu verstricken, wobei ich natürlich auch die mitgelieferten Nadeln testen werde, und dabei neue Erfahrungen zu sammeln. Zu einigen Knäueln habe ich schon konkrete Vorstellungen. Das graumelierte Knäuel “Sport Socks Color” beispielsweise ist wie geschaffen für ein Paar schöne Männersocken.

Die verstrickte Dienstagsfrage 40/2013

Diese Woche möchte das Wollschaf wissen:
Wo sind eure fertigen Strickstücke zu Hause? Dürfen sie sich mit ihresgleichen in einem speziell dafür vorgesehenen Schrank oder sogar Zimmer tummeln, oder müssen sie ihr Dasein im ganz normalen Kleiderschrank unter all den “normalen” Kleidungsstücken fristen? Und lagert ihr mal um? z.B. einen Pullover mal eine zeitlang aufhängen und dann wieder liegend lagern?
Vielen Dank an Carina für die heutige Frage!

Tja, die meisten meiner Stricksachen sind Kleidungsstücke, folglich halten sie sich, so sie nicht gerade getragen, gelüftet oder gewaschen werden, im Kleiderschrank unter ihresgleichen auf. Die Pullover und Jacken also in den Pullover-Fächern, die Pullunder auf dem Pullunder-Stapel, die Tücher bei den anderen Tüchern (ich habe eine Reihe von schönen selbst gefärbten Seidentüchern), die Mützen oben auf der Garderobe im Flur, und Schals und Handschuhe wandern, je nach Jahreszeit, zwischen dem Kleiderschrank und der Garderobe hin und her.
Alle Stricksachen werden zwar immer mal wieder umgeräumt, aber möglichst liegend aufbewahrt. Hängen tut ihnen nicht gut, sie verziehen sich dann durch ihr Gewicht. Eine Ausnahme bildete in diesem Jahr ein Seiden-Pullunder mit Lochmuster, der nicht ganz die optimale Länge hatte. Der hing ein paar Wochen, oder vielleicht waren es auch Monate, auf einem Kleiderbügel im Schrank bei den Blusen. Dann war die Empire-Taille vollständig auf meine natürliche Taille heruntergezogen, und das Lochmuster hatte sich auch noch stärker gelängt; er hat jetzt nahezu Minikleid-Länge und passt hervorragend zu dem “Look”, den ich mir vorgestellt hatte.

Zweiter Teil des Wollerey-Mystery-KAL

Vorgestern wurde der zweite Teil der Anleitung verschickt, und jetzt habe ich ihn durchgestrickt, ganz locker und entspannt. Es waren diesmal weniger und natürlich längere Reihen, dafür erforderte das Muster etwas mehr Konzentration als im ersten Teil.

Fortschritt drei-Maschen-Mystery

Es wurden jetzt alle drei Farben verwendet, und mit der dritten Farbe sind wir schon fertig. Es ist auch nicht mehr viel davon übrig; das verbliebene Knäuelchen wiegt gerade noch 9 Gramm. Ich bin gespannt, wie es am komenden Freitag weitergeht.

Die verstrickte Dienstagsfrage 39/2013

Diesen Dienstag hat das Wollschaf wieder einmal eine Frage von mir:
Welches ist Dein wichtigstes Hilfsmittel beim Stricken, abgesehen von Garn und Nadeln (und ggf. der Anleitung)?

Ich glaube, das ist bei mir der Reihenzähler. Ohne ihn kann ich nicht auf einen Blick erkennen, wo im Gestrick ich mich gerade befinde, wenn ich es mal zur Seite gelegt habe, oder ich muss mir zu vieles gleichzeitig merken. Außerdem freue ich mich, wenn ich am Ende einer Reihe den Zähler um eins weiterdrehen kann, das gibt mir das Gefühl, etwas geschafft zu haben. 🙂 Ich liebe Reihenzähler und habe irgendwie immer zu wenige davon. Das liegt vermutlich auch daran, dass ich meistens zu viele Projekte auf einmal in Arbeit habe.

Weitere gern genommene Hilfsmittel sind für mich Maschenmarkierer, und zwar am liebsten die schlichteste Sorte: Die kleinen bunten Ringe für elektrische Zahnbürsten. Die verhaken sich nirgends und sind in verschiedenen Farben verfügbar. Sie dienen notfalls auch als Kennzeichnung für die rechte Seite eines Gestricks, wie im gestrigen Eintrag erkennbar. Da seht Ihr um die drei Mittelmaschen herum einen grünen und einen roten Markierungsring. Grün ist Steuerbord, Rot ist Backbord, also weiß ich, dass ich in einer Hinreihe bin, wenn mir zuerst der grüne Ring entgegenkommt.

Brille und gutes Licht wurden schon als wichtige Hilfsmittel genannt. Die Brille brauche ich aber ständig, und einfache Muster habe ich auch schon bei schlechtem Licht gestrickt.

Wieder ein Knit-Along

Ja, ich weiß, ich hatte nahezu geschworen, nie wieder an so etwas teilzunehmen, vor allem nicht, wenn man nicht weiß, was am Ende dabei herauskommt. Dies ist aber eine Ausnahme. Denn erstens weiß ich, dass es ein dreieckiges Tuch werden soll, zweitens hat die Designerin mir gewissermaßen zugesichert, dass es eine entspannte und entspannende Angelegenheit wird, und drittens ist damit das Verstricken eines so wundervollen Garnes verbunden, dass jede Masche schon eine Erholung ist.

Es geht um das Drei-Maschen-Mystery von Dagmar Reinschmidt, für das man eine spezielle Zusammenstellung bei der Wollerey bekommen konnte. Vor einer Woche kam das Garn bei mir an, und am Freitag wurde der erste Teil der Anleitung verschickt. Und was soll ich sagen: Das Stricken macht einfach Spaß. Es ist nicht so schwierig, dass man sich ständig voll konzentrieren muss, es ist nicht so langweilig, dass man dabei einschläft, und das Garn (Qualität Carmano, 80 % Alpaka, 20 % Seide) ist streichelweich. Das Tuch, das dabei entsteht, wird, soweit ich es erkennen kann, wahrscheinlich voll reversibel sein, was ich schon mal gut finde. Und es wird kuschelig weich und warm werden, das weiß ich von meinem (leider nicht reversiblen) “Silvester”-Schal aus der gleichen Qualität, den ich mir im Winter 2009/2010 gestrickt habe.

Den ersten Teil der Anleitung (98 Reihen) habe ich gemütlich am Wochenende gestrickt, hier ein Detailbild:

Drei-Maschen-Tuch, Detail

Die Hauptfarbe meiner Zusammenstellung ist ein warmes dunkles Braun, das später noch mit Petrol und Mittelblau ergänzt wird. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

Die verstrickte Dienstagsfrage 38/2013

Auch diese Woche gibt es eine interessante Frage vom Wollschaf :
Kaufst du Wolle und Garne eher markenbewusst oder greifst du auch zu No-Name-Produkten? Bitte begründen, danke.
Vielen Dank an Michaela für die heutige Frage!

Bei der Auswahl von Garn achte ich in erster Linie darauf, dass es Naturfasern sind. Wer letztlich sein Etikett draufklebt oder dranhängt, ist für mich weniger wichtig. Gäbe es in einem Drogeriemarkt Naturfaser-Garne in schönen Farben, dann würde ich dort sicherlich kaufen, wenn ich gerade etwas bräuchte. Das, was ich dort gelegentlich sehe, ist allerdings eher abschreckendes Quietsch-Acryl in Riesenknäueln und schrillen Farben. Das mag ich weder verarbeiten noch anderen in Form eines gestrickten Geschenks zumuten.
Zum Glück habe ich einen ziemlich umfangreichen Garnvorrat in guten Qualitäten, teilweise sogar noch aus der Lila-Pink-Türkis-Ära in der Achtzigern resultierend, als Grün, Braun und Beige praktisch nicht erhältlich waren und ich jede Gelegenheit nutzte, überhaupt mal Garne in diesen warmen Farben zu ergattern.
Wenn ich heutzutage Garn kaufe, dann im allgemeinen hochwertige handgefärbte Naturfasern von verschiedenen Färberinnen bzw. Färbereien, also auch wiederum nicht die “übliche” Markenware.

Die verstrickte Dienstagsfrage 37/2013

Diese Woche stellt das Wollschaf eine Frage von mir:
In letzter Zeit hat das Häkeln wieder an Bedeutung gewonnen. Man sieht viele Häkelanleitungen online und in Zeitschriften.
Hast Du in der letzten Zeit gehäkelt? Wenn ja, was?
Häkelst Du gern, magst Du vielleicht sogar noch lieber als Stricken?
Weshalb, oder weshalb nicht?

Um diese Frage erschöpfend zu beantworten, muss ich weit ausholen und weit in der Zeit zurückgehen. Zurück in die Zeit, als ich noch zur Schule ging und mit Puppen spielte. Wer mir Häkeln beigebracht hat, weiß ich gar nicht mehr, eine Großtante wahrscheinlich. Ich hatte als Kind jedenfalls den Bogen unglaublich schnell heraus und häkelte Kleider für alle Puppen, die mir über den Weg liefen (zugegeben, Puppen können nicht laufen, aber ich erwischte sie alle). Es war kinderleicht, man konnte an der Luftmaschenkette ja schon abmessen, wie viele Maschen man brauchte, und dann ging es mit festen Maschen oder Stäbchen weiter. Abnehmen für eine Taille oder zunehmen für mehr Weite konnte man mühelos mittendrin und genau dort erledigen, wo man es haben wollte. Auch das mehrfarbige Häkeln brachte ich mir selbst bei. Schnell lernte ich, dass man bereits die letzte Schlaufe der vorherigen Masche mit der neuen Farbe abmaschen muss, damit die ganze neue Masche die neue Farbe bekam.
Als ich älter wurde, häkelte ich auch Kleidung für mich. Heraus kamen beispielsweise ein Pullunder in einer Art Filet-Muster oder ein dicker Pullover mit Reliefstäbchen, die vage Ähnlichkeit mit einem gestrickten Rippenmuster hatten. Die Muster konnten mir gar nicht kompliziert genug sein. Ich häkelte mir sogar mal mit Nadelstärke 2 mm ein komplettes Kleid aus ganz dünner Baumwolle, nur weil ich unbedingt die dabei verwendete Spitzenborte arbeiten wollte.
Irgendwann, als ich um die Zwanzig war, war dann Schluss mit meiner Häkelbegeisterung. Das Maschenbild gefiel mir nicht mehr, und die Ergebnisse waren mir zu voluminös. Ich begann allmählich mit dem Stricken, das mir zuvor nur schlecht von der Hand gegangen war. Natürlich nutzte ich dabei auch Häkeltechniken, und sei es nur, dass ich eine heruntergefallene Masche hoch häkelte oder eine Runde Krebsmaschen als Halsblende arbeitete. Wenn man’s einmal gelernt hat, beherrscht man es ja.
In diesem Frühjahr aber habe ich nach langer, langer Zeit mal wieder ein echtes Häkelprojekt in Angriff genommen: Einen Möbiusschal. Gut, es ist ein Schummel-Möbius, weil er am Ende zusammengehäkelt wird. Aber das Muster fand ich spannend. Es ließ sich übrigens sehr einfach arbeiten, und ich stellte fest, dass ich in den vergangenen Jahren nichts verlernt habe. Die nächsten Häkelteilchen sind deshalb schon geplant: Ich brauche dringend neue Topflappen.

Nicht hundertprozentig zufrieden

Meine Jacke “Paulie” ist endlich fertig. Das Abketten mit i-cord war meine Freitagabend-Beschäftigung, und dann waren noch eine Ärmelnaht zu schließen (ich nähe gern zusammen, wenn ich ordentliche Randmaschen habe) und ein paar Fäden zu vernähen. Nun fehlen noch die Knöpfe.

Die Anleitung sieht eigentlich vor, nur schmale Streifen in der Musterfarbe zu stricken. Da ich aber nicht genügend Garn in Moosgrün, dafür aber mehr in Buntmeliert hatte, habe ich für Leibteil und Ärmel die Farben getauscht. Es sind nun breite Streifen in Buntmeliert (Tosh Merino Light in Farbe “Foxglove”) und schmale Streifen in Moosgrün (Tosh Merino Light in Farbe “Moss”). Die Blende ist durchgängig einfarbig gestrickt. Verbraucht habe ich von beiden Farben annähernd die gleiche Menge, jeweils etwa 175 Gramm, das sind knapp zwei Stränge.

Paulie Cardigan

Was mir an dieser Jacke nicht gefällt:
– Sie ist im Bereich der Oberarme ziemlich eng, obwohl ich noch recht schlanke Arme habe.
– Mit den in der Anleitung angegebenen 35 cm sind die Ärmel leider etwas zu kurz geraten. Vielleicht ziehen sie sich nach der Wäsche und dem Trocknen noch etwas in die Länge.

Was mir am Garn nicht gefällt:
– Es blutete in der Wäsche massiv aus (das Bild zeigt die Jacke noch vor der Wäsche). Es kam rostbraune Farbe heraus, die vermutlich im moosgrünen Garn als Überschuss vorhanden war. Leider hat sich dadurch der weiße Anteil des melierten Garns zu Schmutzigrosa verfärbt. Das war nicht das, was mir vorschwebte. Vielleicht sollte ich die komplette Jacke dunkel überfärben.
– Außerdem fand ich das Garn nicht besonders angenehm zu verstricken. Es ist ein Dochtgarn, neigt also dazu, sich schnell aufzulösen, und oft war es schwierig, den kompletten Faden zu erwischen. Dass es schön weich ist (was für manche Leute ja das einzig zählende Kriterium zu sein scheint), macht diese Nachteile für mich nicht wett. So schnell werde ich daraus nichts mehr stricken.

Die verstrickte Dienstagsfrage 36/2013 und persönliche Befindlichkeiten

Diese Woche fragt das Wollschaf:
Was gehört deiner Meinung nach in einen Handarbeitsblog und was geht gar nicht?
Nur handarbeitsbezogene Themen oder auch mal was anderes?
Auch kritische/negative Meinungen über andere Handarbeitstechniken, andere Blogs, Gruppen, Foren, Plattformen etc.?
Über Krankheit, Tod und so was?
Vielen Dank an Isabella für die heutige Frage!

Grundsätzlich bestimmt der Blog-Inhaber, was in seinem Blog steht. Wenn er sich zur Marionette seiner Leser machen oder aus Angst vor Kritik nur nicht kontroverse Themen behandeln möchte, dann wird’s möglicherweise etwas langweilig, aber das muss er selbst wissen. Wenn er auch über seinen Urlaub, Politik oder Menschenrechte schreiben möchte und Wissenswertes dazu zu sagen hat, dann sollte er das tun. Dann ist es eben nicht unbedingt ein reines Handarbeitsblog, sondern ein gemischtes. Na und? Solange die Inhalte interessant und gut lesbar geschrieben sind, ist das für mich in Ordnung.

Gerade kritische Inhalte finde ich meistens besonders lesenswert. Ich freue mich, wenn sich jemand die Mühe macht, auch die Nachteile eines Produktes oder einer Technik ausführlich und verständlich darzustellen, weil das mir und anderen Frust ersparen kann. Unkritische Begeisterung für jedes neue Ferkel, das gerade durchs Handarbeitsdorf getrieben wird (“mein selbstmusterndes Lieblingssockengarn gibt es jetzt in drei weiteren tollen Blau-Musterungen” ), motivieren mich eher nicht zum Weiterlesen.

Wenn Kritik an Personen und/oder Institutionen geübt wird, würde ich mir wünschen, dass man die Person bzw. Institution darüber in Kenntnis setzt. Lästern über Dritte finde ich gar nicht gut. Erstaunlich oft stellt sich in einer offenen Diskussion heraus, wo die Ursachen für die Missbefindlichkeiten liegen, und man kann sie beseitigen. (Wer allerdings mehr Freude an jahrelangen Grabenkämpfen hat, wird womöglich wenig Interesse an solcherlei Beseitigungen haben.)

Bei Krankheit und Tod würde ich differenzieren. Wer jedes Husten und jeden Anflug von Durchfall minuziös schildert, wird möglicherweise einige Leser (auch mich) verlieren. Andererseits kann es sinnvoll sein, eine langwierige und/oder chronische Erkrankung zu thematisieren, weil damit auch dem Leser vieles erklärt werden kann, was sonst möglicherweise unverständlich bliebe, wie z.B. nur noch sporadische Einträge. Allzu detaillierte Schilderungen von bestimmten Untersuchungen müssen aber nicht sein. Wenn ich wissen will, wie eine Darmspiegelung abläuft, würde ich das wahrscheinlich nicht gerade in einem Strickblog nachlesen wollen. Wenn aber jemandes Leben gerade durch den Tod eines Angehörigen oder durch schwere Krankheit aus dem Ruder gelaufen ist, weshalb nicht darüber schreiben, wenn es einem gut tut?

Was mich wesentlich mehr stört als “off-topic”-Inhalte, sind, wer hätte es gedacht, gewisse Äußerlichkeiten bei Blogs.
Mengen an “niedlichen” animierten Bildchen finde ich beispielsweise abschreckend. Was soll kindergartengerechtes Bildmaterial in einem Blog für Erwachsene? Glitzer, Funkel und Gezappel können zudem schwache Inhalte nicht aufwerten, und von guten lenken sie nur ab.

Schlechte Lesbarkeit, weil zuwenig Kontrast zwischen Hintergrund und Schriftfarbe, geht für mich gar nicht. Dasselbe gilt für phantasievoll verspielte Fonts, bei denen auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist, welcher Buchstabe wohl gezeigt ist. Wer aus seinen Texten Ratespielchen macht, zu dessen Zielgruppe gehöre ich nicht.

Außerdem bevorzuge ich orthografisch und grammatikalisch korrekte Texte. Bei “Häckeln”, das es längst verdient hätte, zum Unwort des Jahrzehnts im Handarbeitsbereich erklärt zu werden, bekomme ich Kopfschmerzen. Ist es so schwer, sich wenigstens ein paar Grundkenntnisse über Rechtschreibung und Satzbildung anzueignen? Eine (nicht handarbeitende) Kollegin von mir wendet in Zweifelsfällen übrigens einen einfachen Trick an: Ist sie bei der Schreibweise unsicher, dann gibt sie das Wort in den fraglichen Versionen bei Google ein und wählt dann die mit den meisten Fundstellen. Bei “häkeln” vs. “häckeln” sind es zur Zeit 1.750.000 vs 64.000. Das ist doch (noch) recht eindeutig, oder?

Helft bitte alle mit, meine Kopfschmerzen in Grenzen zu halten und das Verhältnis von richtig zu falsch nicht zu verschlechtern. Es heißt “häkeln”. Wirklich.