Diagramm versus Text

Erst vor wenigen Tagen war dies ein viel kommentiertes Thema bei Tichiro. (Ich schaffe es übrigens nicht, sieben oder mehr Kästchen auf einmal zu erfassen. Bei mir ist Schluss bei fünf.)
Ob man lieber nach Diagramm (neudeutsch: chart) strickt oder nach Text, wird in der internationalen Strickwelt mit ähnlicher Toleranz und Entschlossenheit diskutiert wie die Wahl zwischen MacOS und Windows. Ich verwende bewusst das Wort “international”, weil Menschen, die deutsche Strickmagazine konsumieren, zwangsläufig auch Diagramme lesen können (müssen), sonst könnten sie mit den Anleitungen nur wenig anfangen.

Ich kenne eine relativ neue Strickerin, die hauptsächlich kleine Dinge wie Tiere oder bestenfalls mal eine Mütze häkelt oder strickt. Sie bevorzugt dabei Schemazeichnungen, bei denen jede Masche durch ein Kästchen (ohne Symbol) dargestellt ist. Andererseits vermeidet sie “richtige” Strickschriften, weil sie, wie sie sagt, die Bedeutung der Symbole nicht versteht. Wenn ich in dem bei Tichiro verlinkten Ravelry-Thread lese, dass viele “non-chart-people” sehr wohl farbige Muster nach Diagramm stricken, aber keine Symbole umsetzen zu können behaupten, dann erstaunt es mich über die Maßen, dass ein Hirn den Schritt von der Farbe zum – meist noch nicht einmal abstrakten – Symbol nicht schafft, zumal ja auch viele Farbmuster mit Symbolen dargestellt werden. (Noch mehr verblüfft mich übrigens die rigorose Moderation im bewussten Ravelry-Thread.)

Wie die geneigte Leserin schon vermutet hat, bin ich seit Beginn meiner Strick-Karriere eher der Diagramm-Typ. Textwüsten verursachen bei mir akute Strickunlust. Aber ich muss auch gestehen, bei sehr komplexen Mustern schon mal auf den Text-Teil zurückgegriffen zu haben, wenn ich Teile eines Diagramms nicht verstand.

Abgesehen von meiner chronischen Diagrammitis bin ich übrigens auch Druck-Verweigerer. Komplexe Diagramme, die sich ohnehin nicht als Unterwegsprojekt eignen, stricke ich bevorzugt vom iPad mit der Software “Goodreader”. Das sieht dann ungefähr so aus:

Diagramm auf dem iPad

Die Zeile, die gerade abgearbeitet wird, ist rot unterstrichen. So weiß ich immer, wo ich gerade bin. Diese Markierung kann auch nicht versehentlich verrutschen und ist, wenn ich das iPad beiseite lege oder abschalte, trotzdem jederzeit an Ort und Stelle, auch wenn ich in der Anleitung mal vor- oder zurückblättere. Ist die Reihe beendet, dann verschiebe ich die rote Linie eine Zeile höher. Und wenn die Einzelheiten schwer zu erkennen sind, kann man die Ansicht vergrößern:

Diagramm vergrößert

Diesen Vorteil hat man bei einer ausgedruckten Anleitung nicht. Schon deshalb bevorzuge ich bei Anleitungen wie dem “In Dreams”-Tuch die elektronische Version, die mir auch das Drucken von immerhin 30 Seiten erspart. Und ja, das ist natürlich auch mit anderen Tablets möglich.

Hin- und hergerissen

Vor etwa sieben Wochen begann ich die Jacke “Paulie” (ja, ich stricke sehr langsam) aus Madelinetosh “Tosh Merino Light”. Sie wird als Raglan von oben gestrickt und ist derzeit mein Mitnahmegestrick. Die Jacke wurde schon oft gestrickt, und die Strickerinnen waren fast immer voll des Lobes über dieses Modell.

Paulie

Zunächst kam ich gut und voller Zuversicht voran. Irgendwann aber erschien mir der rückwärtige Ausschnitt viel zu breit, um eine gut sitzende Jacke zu ergeben, und die Raglanhöhe kam mir zu niedrig vor. Ich erwog, alles aufzuziehen und aus dem Garn eine Raglan-Jacke konventionell von unten zu stricken, natürlich mit angepassten Maßen.

Vorsichtshalber begann ich nicht sofort mit dem Ribbeln, sondern verglich die tatsächlichen Maße erst einmal mit einem anderen Raglan-Modell, nämlich dem Top “Jasmine” (bei Ravelry), das ich mir vor gut zwei Jahren gestrickt hatte und sehr gerne trage, weil es prima sitzt. Es zeigte sich, dass “Jasmine” einen noch breiteren Rückenausschnitt hat, während die Raglanhöhe ungefähr vergleichbar ist. Deshalb gehe ich nun davon aus, dass meine “Paulie” letztlich schon irgendwie passen wird, spätestens wenn die Kragenblende angebracht ist. Die kraus gestrickte Raglanpasse wird sich vermutlich noch etwas längen, und der Kragen “füllt” dann nicht nur den rückwärtigen Ausschnitt, sondern bringt auch noch ein paar Zentimeter zusätzliche Höhe. So werde ich also guten Mutes fortfahren.

Die Rose gedeiht

Hier ist ein aktuelles Bild der Rosa Centifolia Muscosa, die trotz des Regens erstaunlich gut gedeiht.

Rosenpflanze

Bei diesem Wetter spart man sich das Gießen. Ich hoffe, dass ihr die viele Feuchtigkeit nichts ausmacht. Der Boden hier ist leider nicht sehr durchlässig, so dass es zu Staunässe kommen könnte.

Die verstrickte Dienstagsfrage 22/2013

Diese Woche fragt das Wollschaf:
Wie bewahrt ihr eure Wolle auf? Ich bin auf der Suche nach einer praktischen und auch gleichzeitig optisch tollen Idee, meine Wolle hübsch in Szene zu setzen. Denn ich finde die schöne Wolle gehört nicht hinter Schranktüren oder in Boxen versteckt, man darf sie ruhig sehen, auch Wollknäule sind dekorativ. Wie habt ihr das gelöst?
Vielen Dank an Andrea für die heutige Frage!

Wenn man nur wenig Wolle und dazu noch welche in Farben passend zum Interieur unterzubringen hat, kann dekoratives Drapieren natürlich ganz nett aussehen, gern mit ein paar Rocaillesperlen besprenkelt und mit dekorativen Glas-Stricknadeln verschönert. Wie wär’s mit einer Glasvitrine oder einem Glassturz? Solange es nur Einzelknäuel sind, sieht das bestimmt gut aus. Für eine Pullovermenge stelle ich es mir nicht so toll vor, aber die Fragestellerin scheint eher Interesse an Kleinmengen und Kleinprojekten zu haben.
Sobald freilich die Menge der unterzubringenden Kilos insgesamt in den höheren zweistelligen Bereich geht, ist Dekorieren keine Option mehr. Hinzu kommt, dass das offene Herumliegen dem Garn auch nicht gut tut. Es können Schädlinge hineingelangen, oder die Farben bleichen aus. Deshalb liegt mein Garnvorrat zu einem großen Teil in schnöden halbtransparenten Plastikbehältern, hinter Schranktüren und in Schubladen untergebracht. Nur was gerade in irgendeiner Form in Arbeit ist (oder gerade in die engere Wahl kommt), liegt offen herum.

Die nasse Rose

Vergangenes Wochenende bin ich Euch ein Foto schuldig geblieben, es gab aber auch keine großartigen Veränderungen. Die Centifolia Muscosa hält sich tapfer, trotz des Dauerregens der letzten Tage. Derzeit kann ich mir guten Gewissens das Gießen sparen.

Rosenpflanze

Sie hat neue Blätter bekommen, und ich hoffe, sie bringt im Laufe des nächsten Monats dann auch die ersten Blüten hervor.

In Dreams, Reihe 92

Seit zehn Tagen kämpfe ich mich durch dieses Tuch (Ravelry-Link). Es ist, wie der Name schon sagt, ein Traum, mit gelegentlichen Tendenzen in Richtung Alptraum. Man braucht knapp anderthalb Kilometer Garn (ich verwende Posh Madeleine in Farbe A-Lister) und im Durchschnitt alle 27 cm eine Perle, insgesamt 5.000 Stück. Ich bin mittlerweile beim vierten 10-Gramm-Pack Toho Rocailles Größe 8 in Farbe Silverlined Siam (gekauft bei Perlenpaula mit superschnellem Versand). Die Qualität der Perlen ist prima, bisher war nur eine einzige unbrauchbar.

Den Anfang der Anleitung fand ich etwas schwer zu verstehen, danach fand ich es einfacher. Die Diagramme sind klar, und im iPad markiere ich die Reihe, in der ich gerade bin, mit einer roten Linie. Alles lief gut, bis vorgestern, als ich irgendwo Mitte der 80er Reihen war, das Telefon klingelte. Als ich aufsprang, fielen ein paar Maschen, was ich erst nach dem Telefonat, bemerkte. Ich nahm sie dann irgendwie auf und machte weiter. Erst gestern abend, beim Stricken von Reihe 91, fiel mir auf, dass die Mittelachse des dritten Rapports nicht mehr mittig verlief. Und natürlich hatte ich nirgends eine Rettungsleine eingezogen.

Was macht man in so einem Moment? Ich schwankte zwischen in die Ecke feuern, alles aufribbeln oder leise weinen. Letztlich entschloss ich mich, die Maschen des dritten Rapports auf eine extra Rundnadel zu nehmen und die mittleren etwa zwanzig Maschen behutsam bis zum Fehler zurückzuribbeln. Mühsam war es, die Perlen aus dem Gestrick zu lösen, ohne zusätzliche Laufmaschen zu verursachen. Aber es klappte, und in gut drei Stunden hatte ich den Fehler tatsächlich repariert.

In Dreams, Reihe 92

Das Bild zeigt besagten dritten Rapport nach Reihe 92. Die Mittelachse ist wieder mittig. Die Löcher sind teilweise etwas unregelmäßig, aber das stört mich jetzt nicht. Die Reihe mit den (bis auf weiteres) meisten Perlen, nämlich in jeder zweiten Masche eine, ist abgearbeitet. Noch zwei Reihen, dann ist Chart 3 durchgestrickt, und es wird mit komplizierterem Muster und weniger Perlen weitergehen.

Die Rose

Ich habe keinen Garten, und Gartenarbeit ist auch nicht mein Ding. Aber seit vorgestern bin ich mehr oder weniger stolze Besitzerin einer einzelnen Pflanze Rosa Centifolia Muscosa, und gestern hat sie ein windgeschütztes Plätzchen am Haus bekommen.

Rosenpflanze

Es ist eine Alte Rose, die Sorte geht angeblich zurück bis auf das Jahr 1697. Nun bin ich sehr gespannt, wie sie sich entwickelt und wann sie zum ersten Mal blüht. Außerdem habe ich beschlossen, Euch mit wöchentlichen Bildern auf die Nerven zu gehen. 🙂 Schließlich möchte ich auch dokumentieren, wie sie (hoffentlich) wächst und gedeiht.

Die verstrickte Dienstagsfrage 19/2013

Diese Woche stellt das Wollschaf eine Frage aus dem Archiv vom 15.05.2007:
Nicht jede Wolle, die sich schön verstrickt, eignet sich auch gut zum Vernähen. Wie löst Ihr das Problem?
Das Wollschaf bedankt sich bei Ute!

Ja, mit so manchem Effektgarn oder auch mit empfindlicher Angorawolle kann man keine ordentliche Naht im Matratzenstich schließen. Unregelmäßigkeiten im Effektgarn erlauben nicht, den Faden sauber durch die Maschen zu fädeln, und das fortwährende Durchziehen lässt manches zarte Garn schnell mürbe werden.
In solchen Fällen nehme ich glattes, solides Garn in Sockenwollstärke für den Matratzenstich. Dabei muss die Farbe nicht einmal genau passen, denn man sieht die Naht von außen nicht, wenn sie korrekt ausgeführt wurde.
Horizontale Nähte wie die an den Schultern schließe ich durch Zusammenstricken. Das ist auch mit problematischem Garn möglich und ergibt ebenfalls eine saubere, flache Naht, ganz ohne Nähen.
Außerdem kann man natürlich komplett auf Nähte verzichten, indem man in Runden strickt. Das ist allerdings, je nach Muster und Modell, nicht immer eine Option und zudem eine komplett andere Geschichte, die schon diverse andere Male und anderswo häufig erzählt wurde. 😉

Und noch ein Abschied

Im September 2011 meinte ich, unbedingt das “Layered Skater’s Overtop” aus dem Buch Knitting Classic Style von Veronik Avery zu benötigen. Ich begann frohgemut mit dem berühmten Rowan Kidsilk Haze in einem, wie ich damals fand, frischen Grün. Es ging zunächst auch recht flott voran, mit damals nagelneuen HiyaHiya-Nadeln, die ich leider mit zu kurzen Spitzen bestellt hatte. Und es fehlt seit Monaten eigentlich nicht mehr viel bis zur Fertigstellung.

Layered Skater's Overtop

Nun habe ich trotzdem beschlossen, es endgültig aufzugeben. Dafür habe ich mehrere Gründe:

1. Das Stricken mit Kidsilk Haze macht mir keinen Spaß. Das Garn ist mir zu rutschig, und man hat beim Stricken nicht so richtig etwas in der Hand. (Erst recht nicht, wenn man sehr glatte Stricknadeln mit etwas zu kurzen Spitzen verwendet.)
2. Fehler sieht man in dem Geflausche meist zu spät, und Aufribbeln ist ausgesprochen mühsam.
3. Ich finde die Farbe inzwischen scheußlich. Zwar bin ich durchaus ein Grün-Fan, aber dieses spezielle Grün ist doch sehr, hm, sagen wir mal, bissig.
4. Eine Anprobe zeigte mir: In diesem Modell sehe ich aus, als wäre ich ein neonfarbener Fesselballon und würde gleich abheben.

Ich werde einen Rest des Garns aber auf dem Grobstricker testen. Vielleicht lässt es sich damit zu etwas Brauchbarem verarbeiten. Zudem wartet seit letzten Dezember noch ein anderes Kidsilk-Haze-Modell auf Fertigstellung, ich mag gar nicht dran denken.

Adieu, liebe Jacke

Vor fast vier Jahren strickte ich mir meine Version der “Plissé”-Jacke von Lene Holme Samsøe aus dem Buch “Feminine Knits”. Ein paar Ziehfäden habe ich in einige der dünnen Streifen im Laufe der Zeit schon hineingebracht. Als ich sie vorgestern wieder einmal trug, blieb ich mit der rechten hinteren Schulter an irgendetwas hängen. Und natürlich passierte es so, dass der größtmögliche Schaden entstand. Der dünne Faden ist gerissen, und nun hat die Jacke ein gewaltiges Loch, das ich nicht mehr reparieren kann, jedenfalls nicht, ohne dass man es deutlich sehen würde.

Loch im Gestrick

Ein Jammer. Das einzig Gute daran ist, dass nach dem Entsorgen wieder ein bißchen mehr Platz im Kleiderschrank ist, den man mit einer neuen Jacke füllen kann. Die sollte dann aber etwas haltbarer und weniger empfindlich sein.