Ein Teil zweimal stricken

Dass man in ein Strickstück Fehler einbaut und es dann ganz oder teilweise ribbeln und nochmals stricken muss, dürfte jedem von uns schon passiert sein. Bei dem Modell, das ich derzeit in Arbeit habe, ist zweimaliges Stricken Programm, allerdings ohne das erwähnte Ribbeln.

Schon im vergangenen November stieß ich bei Ravelry auf den Pulli “One piece, knit twice” von Maddy Cranley. Ich finde das Ding faszinierend, obwohl ich mich sonst gar nicht so sehr für tiefe V-Ausschnitte begeistern kann. Deshalb kaufte ich mir die Anleitung.

Da mir zum Handstricken die Zeit fehlt, änderte ich zunächst das Muster so ab, dass es mit der Maschine strickbar wurde. Damit ist es wahrscheinlicher, dass dieses Modell irgendwann gestrickt und fertiggestellt wird. Außerdem passte ich den Schnitt mehr an meine persönlichen Maße an. Dann machte ich einen ersten Testlauf. Der endete desaströs.

Ich vergaß, in DesignaKnit (mit dem ich praktisch alle meine Schnitte berechne) den Schnitt umzudrehen, so dass ich spiegelverkehrt strickte. Das merkte ich erst, als das erste Vorderteil schon halb fertig war. Verärgert über mich selbst warf ich es von der Maschine. Da ich ein vorsichtiger Mensch bin, ribbelte ich es nicht sofort auf, sondern guckte es mir zunächst genauer an. Dabei stellte ich fest, dass die angestrickte Blende, bestehend aus drei Kraus-Maschen, heftig nach innen kippte. Das gefiel mir überhaupt nicht, zumal diese Blende auch noch eine Wahnsinnsmühe beim Stricken bereitete. So ging das ja nun überhaupt nicht. Nachdem das Teil ein paar Tage zu ruhen geruhte und ich noch einmal die Maschenprobe überprüfte, ribbelte ich es auf.

Es dauerte mehrere Wochen, bis ich ausreichend Muße und Nerven fand, mich wieder damit zu beschäftigen. Das erste Teil ist inzwischen fertig, gestrickt aus Wollmeise “Pure” in der Farbe “Küken”.

One Piece, ein Teil

Ich bin mir nicht so ganz sicher, ob mir die Farbe wirklich gefällt. Es ist eine der besonders schrillen Wollmeise-Färbungen; ich habe keine Ahnung, was mich seinerzeit geritten hat, sie zu kaufen. Aber zum Testen eines Modells, von dem man noch nicht hundertprozentig überzeugt ist und das vielleicht noch optimiert werden muss, eignet sich das Material sicherlich.

Optimierte Version

Vor zwei Jahren beteiligte ich mich an dem etwas wahnwitzigen Vorhaben, innerhalb eines Jahres 13 (in Worten: dreizehn) Projekte aus bis dato nicht genutzten Strickbüchern anzufertigen. Dafür gab es auch eigens eine Ravelry-Gruppe, die aber mittlerweile eines natürlichen Todes gestorben ist.

Leider wurde ich mit meinen 13 Projekten doch nicht ganz fertig, weil mich zwischendurch immer wieder der Drang überkam, etwas Ungeplantes anzufangen oder weil sich aktuell Bedarf zeigte, der durch die fein säuberliche Planung nicht gedeckt werden konnte. Merke: Planung bedeutet, den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen.

Aber ich schweife ab. Eines der Modelle, die ich anlässlich der Projektserie “13aus13” gestrickt hatte, war aus dem Rowan-Magazin Nr. 26 von 1999 die Jacke “Trance” von Kim Hargreaves. Das ist ein schönes, tragbares Modell. Es hat für mich nur einen kleinen Nachteil: Es ist nicht besonders lang, sondern reicht gerade bis über die Taille. Normalerweise trage ich meine Jacken gern ein wenig länger, weil meine Taille leider nicht mehr das ist, was sie vor 30 Jahren mal war. Aber als Strickerin hat man ja die Möglichkeit, solche Details anzupassen. Die erste Jackenversion passt, abgesehen von der Länge, ausgezeichnet; den Schnitt hatte ich seinerzeit bereits in das Programm DesignaKnit übertragen; meine Maschenprobe lag vor; ausreichend Garn der gleichen Qualität hatte ich auch noch im Vorrat. Ich musste also nur in DesignaKnit die Leibteile um 10 cm nach unten verlängern und die Maschen und Reihen vom Programm neu berechnen lassen und konnte dann losstricken beziehungsweise den KG-Schlitten in Marsch setzen.

Da der nicht der schnellste ist und ich ihn grundsätzlich nur unter Aufsicht laufen lasse, dauerte es dann doch mehr als einen Monat, bis die optimierte Zweitversion endlich fertig war. Und dann verging nochmals eine Woche, bevor ich Zeit fand, mein bevorzugtes Knopfgeschäft aufzusuchen. Aber nun ist Trance 2 fertig, wurde auch schon getragen und hat seine Praxistauglichkeit bewiesen.

Jacke in Lang-Version

Modell: “Trance” von Kim Hargreaves, erschienen 1999 im Rowan Magazine 26, Ärmel gegenüber dem Originalschnitt verkürzt um 3 cm, Leibteile verlängert um 10 cm. Verbrauch: Ziemlich genau 450 g (drei Stränge) Wollmeise “Pure” in Farbe We’re Different 47Ag. Einen Strang nahm ich fürs Rückenteil, einen für beide Vorderteile sowie die Knopfblenden und den dritten Strang für die Ärmel. Gestrickt wurde auf Brother KH 965 durchgehend mit Elektrik-Schlitten KG 95 für das Muster mit den Kraus-Streifen.