Weiche Butter?

Nach wie vor backe ich praktisch jedes Wochenende Kuchen, auch wenn ich fast immer vergesse, etwas davon hier im Blog zu zeigen. Gerade in modernen Rezepten finde ich immer öfter die Angabe, für einen „Knetteig“ weiche Butter zu verwenden.
Mir graut’s.

„Knetteig“ ist für mich das, was in der Back-Industrie eine möglichst solide Unterlage für Torten und Blechkuchen bildet: Eine harte, übersüßte Schicht mit der Konsistenz einer Gehwegplatte, auf die, gern mit ebenfalls übersüßter Marmelade, ein Biskuitteig geklebt wird, auf dem sich dann eine dünne Lage von beispielsweise halbierten kleinen Erdbeeren befindet, abgedeckt mit einer dicken Schicht Tortenguss.

So ein stabiler Knetteig lässt sich sehr einfach herstellen, wenn man eigentlich einen zarten Mürbeteig machen will und dafür weiche Butter verwendet. Die weiche Butter macht den Teig nämlich klebrig. Und je höher der Butter-Anteil im Verhältnis zum Mehl-Anteil ist, umso mehr klebt es. Also fügt man gegebenenfalls etwas mehr Mehl hinzu als im Rezept vorgesehen und knetet so lange, bis der Teig nicht mehr so stark klebt, weil das Mehl aufquillt. Ob man den Teig vor dem Backen noch kühlt oder nicht, spielt keine Rolle; das Backwerk wird hart, dank gequollenem Mehl und mangels Treibmittel.

Für einen echten, zart-mürben Mürbeteig, der weniger stabil ist und beim Hineinbeißen nachgibt und zerbröselt, braucht man kalte, harte Butter. Bitte keine Margarine (am Ende noch halbfett oder sonstwie chemisch manipuliert, igitt!) verwenden, die ist nämlich wässriger und auch dann weich, wenn sie direkt aus dem Kühlschrank kommt. Das löst das Kleb-Problem nicht, und außerdem fehlt dem Ergebnis nach dem Backen das zarte Butter-Aroma, das ich sehr schätze.

Wichtig ist, wie weiter oben schon angedeutet, das Mengenverhältnis von Butter zu Mehl: Auf 100 g Mehl nimmt man mindestens 50 g Butter, es darf aber auch mehr sein. Damit so ein Teig handhabbar bleibt und eben nicht klebt, muss die Butter kalt sein. Natürlich kann man keinen Halbpfund-Brocken unter das Mehl bringen, und auch eine Küchenmaschine würde hier versagen. Also schneidet man die Butter in kleine Würfel oder „Flöckchen“, wie es in alten Rezepten heißt. Diese lassen sich dann problemlos und schnell mit Mehl vermengen, gegebenenfalls mit einem Ei (ab etwa 200 g Mehl) und, wo es passt, Zucker. Als zusätzliches Aroma kann man zu einem süßen Teig etwas Vanille oder abgeriebene Zitronenschale hinzugeben. Ich nehme anfangs eine Gabel zu Hilfe, bis alle Butterbröckchen zerdrückt und von Mehl umgeben sind. Dann mische ich mit meinen eigenen, möglichst eiskalten Händen weiter; so erfühle ich am besten die richtige Konsistenz. Bleiben am Ende noch einige kleine Butterstückchen sichtbar, ist das kein Problem; die Butter verteilt sich, wenn sie im Ofen schmilzt.

Das Ganze dauert nur wenige Minuten. Dann kommt der Teig sofort in die vorbereitete Form und den vorgeheizten Backofen. Soll eine eventuelle Füllung von Anfang an mitgebacken werden, muss sie natürlich ebenfalls schon vorbereitet sein. Meistens aber backe ich den Teigboden „blind“, d.h. er wird beschwert: Auf eine Lage Pergamentpapier kommt eine Lage Backbohnen oder getrocknete Hülsenfrüchte, damit er nicht aufgeht. Erst nach diesem Vorbacken kommt die Füllung hinein, und das Ganze wird bei verringerter Temperatur fertig gebacken.

Das Ergebnis ist ein zarter, brüchiger, eben „mürber“ Teigboden, der ohne Backpulver oder ähnliche Treibmittel funktioniert.

Der Vollständigkeit halber möchte ich anmerken, dass weiche Butter natürlich ihre Berechtigung im Kuchenteig hat, nur eben nicht im Mürbeteig. Sie macht sich gut in Rührteigen, wo sie ganz klassisch zu Anfang weißschaumig gerührt wird, und in diversen süßen Hefeteigen. Bei salzigem Hefeteig, z.B. für Pizza, verwendet man eher Öl.

Dann gibt es noch zerlassene Butter. Die gehört nicht in einen Rührteig, weil man sie nicht schaumig rühren kann. Wenn man eine Wiener Masse zubereitet (eine schwerere, saftigere Sonderform des Biskuit), dann zieht man zerlassene Butter unmittelbar vor dem Backen unter den Teig.
Flüssige Butter benötigt man auch für Strudelteig. Sie wird zusammen mit warmem Wasser mit Mehl vermengt. Im Gegensatz zum Mürbeteig wird diese Masse dann möglichst lange geknetet. Dabei soll das Mehl quellen, und man gibt allmählich weitere Flüssigkeit in kleinen Mengen hinzu, soviel das Mehl aufnehmen kann. Zusätzlich muss der Teig noch 30-60 Minuten ruhen, also weiter quellen, bevor man ihn weiterverarbeiten kann. Durch den Quellvorgang ist der Teig nun zäh und elastisch und damit genau das Gegenteil eines Mürbeteigs. Er lässt sich jetzt sehr, sehr dünn ausrollen und füllen, ohne zu reißen. Die typische zarte Konsistenz entsteht in diesem Fall nicht durch kalte Butter, sondern durch extrem dünne Teiglagen. Rollt man einen Strudelteig nicht dünn genug aus, wird er beim Backen leider ebenso hart wie der anfangs erwähnte Knetteig.

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