Zusammennähen und Randmaschen

Die wenigsten Strickerinnen nähen gern zusammen. Das hat mehrere Gründe. Der Hauptgrund ist wohl, daß sie einfach lieber stricken als nähen. 😉 Der nächstwichtige dürfte aber schon sein, daß Zusammennähen schrecklich mühsam ist und miserable Ergebnisse bringt, wenn die Ausgangsprodukte, nämlich die Randmaschen, miserabel sind. Und da handelsübliche Strickerinnen lieber drauflosstricken, statt sich Gedanken darüber zu machen, wie man brauchbare Randmaschen produziert, sitzen sie am Ende ihres Pullovers bekümmert da und geben die Teile der Mutter oder Oma zum Zusammennähen. Die Ursache ihrer Bekümmerung, nämlich beklagenswerte Randmaschen, bekämpfen sie nicht, weil sie gar nicht um sie wissen.

Seitdem ich mit der Maschine stricke, hat sich mein Verhältnis zum Zusammennähen spontan zum Besseren gewandelt. Eine Strickmaschine produziert nämlich erstens ordentliche Randmaschen und zweitens genug davon. Je mehr Randmaschen, desto stabiler und schöner wird die Naht. Deshalb kann ich, wenn eine Naht geschlossen werden soll, vom allseits beliebten Kettrand nur abraten, der liefert nämlich nur sehr lockere und halb soviele Randmaschen, wie man Reihen hat. Da kann eine Naht doch nur löchrig und locker werden! Wenn ich mit der Hand stricke, mache ich es deshalb so wie meine Strickmaschine und stricke den Nahtrand. Dabei wird jede Randmasche in jeder Reihe obenauf rechts gestrickt (d.h. in den Hinreihen rechts, in den Rückreihen links), egal wie das Muster sonst ist. Und nein, die Randmaschen werden nicht zu lose, wenn man sie fest anzieht. Weshalb sollten sie auch lose werden? Sie müssen doch nur eine Reihe hoch reichen und nicht zwei, wie der blöde Kettrand; sie haben also gar keinen Anlaß, sich zu lockern.
Zwischen diesen Randmaschen und dem Rest der Welt, äh, des Gestricks, kann man dann fabelhaft und mühelos im Matratzenstich die Naht schließen. Die Randmaschen selbst verziehen sich auf die Innenseite, und bei den meisten Strickmustern wird die Naht kaum zu erkennen sein.

Na, ist das nicht ein Grund, mal zu überdenken, wie man zukünftig seine Randmaschen strickt? 😉

Und jetzt sollte ich mich ans Zusammennähen meines neuesten maschinegestrickten Modells machen. Fangmuster, mit astreinen Randmaschen natürlich. Wenn es nur nicht jeweils mehr als 300 Reihen pro Teil und damit ebenso viele Matratzenstiche pro Naht wären…

Umsonst und draußen

Gestern hat’s mich mal wieder auf die Website von Rowan verschlagen.
Für Mitglieder gibt es dort jeden Monat eine kostenlose Anleitung als PDF zum Herunterladen. Ältere Exemplare sind in einem Archiv verfügbar, leider nur nach Jahren sortiert, nicht nach Sachgebieten wie z.B. bei Knitty. Es ist für so ziemlich jeden Geschmack etwas dabei. Wie bei Rowan üblich, fehlen aber leider bei allen Anleitungen Schemazeichnungen und ggf. Musterdiagramme. Man ist gezwungen, sich durch endlose unübersichtliche Beschreibungen durchzuwühlen. Wen das aber nicht schreckt, der kann dort schöne Sachen finden.

Was ich bei Rowan eigentlich wollte? Ausschau halten nach neuen Anleitungsbüchern natürlich. Als ob ich nicht schon genug davon hätte… 😉

Farben und Phobien

Vor einer Woche war ich im Val d’Argent zur alljährlichen Quilt-Ausstellung. Es war wie immer großartig, obwohl mir diesmal die Ausstellungsstücke weniger gefallen haben als letztens. (Entsprechend weniger habe ich auch digigrafiert.) Irgendwie kann ich mich z.B. für Schrillfarbenes aus Ozeanien nicht so recht begeistern; je älter ich werde, desto mehr bevorzuge ich ruhigere Farbtöne.
Eine spezielle Aversion entwickele ich offenbar gegen shocking pink. Keine andere Farbe erzeugt bei mir so eine heftige spontane Abneigung. Trotzdem finde ich es spannend, mir auch mal Sachen anzusehen, die mich nicht sofort begeistern und zu denen ich mir einen Zugang erst suchen muß.

Abgesehen von den Quilts gab es natürlich auch nebenbei allerlei zu begucken. Beispielsweise sah ich in einem der Ausstellungsräume eine Dame, die Kaffe Fassetts “Foolish Virgins” als Jacke trug. Das komplizierte Intarsienmuster war makellos gestrickt und ausgearbeitet, und die Trägerin hatte eine schlanke Figur. Dennoch war mir bei dem Anblick klar, daß ich dieses Design so niemals nacharbeiten würde, und das nicht nur wegen der aufwendigen Intarsien. Die Farben sind einfach zu schrill, es wirkte auf mich wie ein Clownskostüm. Und ich bin bei meiner Farbwahl normalerweise nicht sehr zimperlich. Wennschon Fassett, dann entweder einfache, geometrische Muster in kräftigen Farben, oder aber komplexe Designs und dafür lieber zartere Nuancen. Da bin ich dann eher ein Feigling. 😉

Wer die “Foolish Virgins” übrigens möglichst original nachstricken will, benötigt dazu entweder “The Best of Rowan” oder aber “Kaffe’s Classics”. In beiden sind farblich leicht verschiedene Versionen aus Rowan Cotton Glace enthalten. Schrill sind sie gleichermaßen.

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte

Alle, die neugierig sind, wie so eine japanische Strickanleitung in Diagramm-Form aussieht, können hier mal gucken:

japanische Anleitung in Diagramm-Form

Das Schema zeigt Vorder- und Rückenteilhälfte eines Pullovers, der in Norwegertechnik gestrickt wird. Die dicken Pfeile kennzeichnen die Strickrichtung. Die Bündchen werden hier nach Fertigstellung der Leibteile über eine verringerte Maschenzahl nach unten angestrickt. Das ist eine sehr praktische Methode; so herum ist es einfacher, als für eine größere Maschenzahl verteilt zuzunehmen.

Die Zahlen mit dem “c” dahinter sind Zentimeterangaben. In Klammern darunter sind Maschen- bzw. Reihenzahlen. Angaben wie “1 – 5 – 1” bezeichnen das Abnahmeschema, hier für den Halsausschnitt vorn. Man liest sie der Reihe nach von unten nach oben. „Ð = 10“ ist die Einstellung für die Maschenweite, hier also 10.

Für die Ärmel gibt es ein analoges Schema. Auch die Halsblende ist durch eine Zeichnung erläutert, aufs Vorderteil entfallen dabei 65 Maschen, aufs Rückenteil 55. Die Halsblende geht über 18 Reihen, wird gedoppelt und ist in fertigem Zustand 3 cm breit. Das Einstrickmuster ist in der Anleitung ebenfalls als Diagramm wiedergegeben, ein Norwegerstern in einer Raute, 24 Maschen breit und 22 Reihen hoch. Es ist ein ziemlich ”dichtes“ Muster, das erklärt auch die Maschenprobe von 30 Maschen und 30 Reihen auf 10 cm.

Zeit, Japanisch zu lernen

Diese japanischen Anleitungshefte haben aus Dodo Bürkels Nachlaß den Weg zu mir gefunden. Sie sind aus den 80er Jahren.

japanische Strickmusterhefte

Meine Japanisch-Kenntnisse sind zwar nonexistent, aber da die Japaner ihre Anleitungen dankenswerterweise immer in Diagramm-Form schreiben und man zwischen den Schriftzeichen die arabischen Zahlen ganz gut ausmachen kann, kann man trotzdem etwas damit anfangen. Und für spezielle Techniken gibt es verständliche Zeichnungen anstelle von wortreichen Erklärungen.

Die Hefte sind zwar 20 und mehr Jahre alt, aber vieles, was darin beschrieben ist, ist auch heute noch (oder wieder) modisch. In einem Heft sind z.B. drei verschiedene Anleitungen für etwas, was die hippe Strickerin von heute wohl als “Ärmelschal” bezeichnen würde. Das eine Exemplar hat sogar rüschengeschmückte Kanten, die den Rüschenbesätzen aus den aktuellen Rowan-Heften in nichts nachstehen:

Ärmelschal mit Rüschenbesatz, 80er Jahre

Die Wahrscheinlichkeit, daß irgendjemand mich mal in so einem Teil sehen wird, ist allerdings knapp vor Null, und das liegt sicherlich weniger daran, daß ich mit der Anleitung nicht zurechtkäme. 😉

Strickomanie oder Wer strickt am vielsten

Es gibt Strickerinnen, denen ist es egal, was sie stricken und woraus es besteht. Hauptsache, sie stricken, und zwar möglichst viel. Einerseits beneide ich als Berufstätige diese Damen um ihre viele freie Zeit. Zweierseits finde ich es gut, dass sie überhaupt stricken und nicht länger ihre Wohnzimmerfenster mit putzigen Marienkäferchen bemalen. Dreierseits frage ich mich, ob sie mit ihrer Zeit nicht etwas Sinnvolleres anfangen könnten, z.B. einen richtig klassischen Guernsey stricken (sowohl Gladys Thompson als auch Sabine Domnick bieten reichlich Anregung dafür), oder eins der wunderschönen Lavold-Modelle, die man sicher auch in zehn Jahren noch tragen kann, ohne die Umwelt nachhaltig zu verstören.

Im Extremfall sammelt so eine manisch-unkritische Strickerin schrankweise Polydingsbums-“brown paperbag jumpers” an, wie Janet Nabney solche Produkte (in einem etwas anderen Zusammenhang) ebenso lieblos wie zutreffend in einem ihrer Bücher genannt hat. Damit das Hobby nicht zu sehr ins Geld geht, nimmt man dann Garne, die das Kaufhaus gerade billig auf dem Grabbeltisch anbietet, Farbe egal, am liebsten alle auf einmal, und klar doch sieht magentapinkorangefarbenes Fransengarn auch in Größe 48 noch gut aus, nur Mut, notfalls umhäkeln wir es in Kermitampelmännchengrün, und aufkeimende Selbstkritik wischen wir beherzt beiseite.

Ein Dreiecktuch stricken

Nein, ich habe meine Ansicht nicht geändert. Nach wie vor halte ich Dreiecktücher für ausgesprochen unpraktische Kleidungsstücke. Zu ihren wenigen Vorteilen gehört, daß sie im allgemeinen auch dann noch passen, wenn man stark an Gewicht zu- oder abnimmt, und daß manche von ihnen so simpel zu stricken sind, daß man sich sogar die Maschenprobe sparen kann.

Dies ist ein Beispiel:
Anschlag mit beliebigem Garn über 3 Maschen.
1. Reihe: 1 rechts, 1 Umschlag, 1 rechts, 1 Umschlag, 1 rechts.
2. und alle weiteren Rückreihen: Maschen und Umschläge rechts stricken.
Mittelmasche markieren.
3. und alle weiteren Hinreihen: Alle Maschen rechts, dabei nach der ersten, vor und nach der Mittelmasche und vor der letzten Masche 1 Umschlag machen. Es entsteht ein Dreieck, man strickt über die Diagonalen und erhält in der Mitte eine doppelte Lochreihe.

kraus gestricktes Dreiecktuch mit Zunahmen in der Mitte

Weiterstricken, bis das Garn alle ist, man keine Lust mehr hat oder die gewünschte Größe erreicht ist, je nachdem, welches Ereignis als erstes eintritt.
Dieses Tuch ist nun kraus gestrickt und rollt sich nicht ein. Man kann es nach dem Stricken noch spannen, dann sieht es besser aus. Nach Belieben kann man in die kurzen Kanten auch noch Fransen einknüpfen.
Wer selbst kreativ sein will, strickt nach demselben Schema in beliebigen Mustern, je nach Garn aber möglichst in solchen, die sich nicht rollen.

Einen Poncho stricken

Ich weiß, daß etliche Besucher nur auf diese Seite geraten, weil sie nach der Strickanleitung für einen Poncho suchen.
Ponchos sind der Hit der Saison, es gibt mittlerweile keine Strickzeitschrift, die ohne Anleitungen für diese coolen Teile auskommt. (Ponchos gehören außerdem zu den unpraktischsten Kleidungsstücke, die ich mir vorstellen kann, sie kommen gleich hinter dem Dreiecktuch. Poncho und Schultertasche sind schier unvereinbar. Poncho und Autofahren gehen nur mit Mühe zusammen. Poncho und Rucksack lassen die Trägerin aussehen wie weiland Quasimodo, den Glöckner von Notre Dame.)

Trotzdem ist alle Welt verrückt auf die Dinger. Kollektiver Wahnsinn halt.
Hier sind zwei Varianten, nach denen Ihr selbst aktiv werden könnt. Beide unterliegen keinem wirklichen Urheberrecht. Beide lassen sich nach Belieben abwandeln. Beide eignen sich für praktisch jedes Garn, fast jedes Muster und jede Größe.

Nummer 1: Poncho aus zwei gleich großen Rechtecken.
Die Breite A der Rechtecke sollte der Strecke vom Halsloch über die Schulter hinunter bis zum Handgelenk (oder wo der Poncho enden soll) entsprechen. Nachmessen! Bei einer durchschnittlich großen Frau sind es etwa 70 cm. Zu dieser Breite zählt man nun knapp den halben Kopfumfang, etwa 27-34 cm. Zusammen ergibt es die Länge B, die die Rechtecke haben müssen. Jetzt kann man fröhlich losstricken. Es empfielt sich, ein Muster zu wählen, das sich nicht einrollt. Glatt rechts (oder glatt links) ist nicht unbedingt die beste Wahl.

Schnittschema für Poncho aus Rechtecken

Sind die Rechtecke fertig, dann näht man sie gemäß dem Schema zusammen. In der Mitte bleibt ein Schlitz für den Kopf. Aus den Schlitzkanten Maschen für eine Blende oder einen (Roll-)Kragen aufnehmen und wie gewünscht stricken. Locker abketten, damit der Kopf noch durchpaßt. Je nach Geschmack kann man die Schlitzkanten auch so lassen, wie sie sind.
An den unteren Kanten nach Belieben Fransen einknüpfen.

Nummer 2: Poncho mit vier Zipfeln
Dieses Modell wird von oben nach unten gestrickt. Mit beliebigem Garn so viele Maschen (teilbar durch 4) anschlagen, daß das Gestrick um den Kopf paßt. Vorher eine Maschenprobe machen hilft hier sehr! Anschlag zur Runde schließen und das Halsbündchen beliebig hoch stricken. Nun die Maschen in vier gleich große Gruppen einteilen und jeweils die erste Masche einer Gruppe markieren. Angenommen, man hat mit 80 Maschen angefangen, dann würde man also die Maschen 1, 21, 41 und 61 markieren.
Nun wird in jeder 2. Runde beidseitig der markierten Maschen eine Masche zugenommen (z.B. durch einen Umschlag), also jeweils 8 Maschen alle zwei Runden. Weiterstricken, bis das Garn alle ist, man keine Lust mehr hat oder die gewünschte Länge erreicht ist, je nachdem, welches Ereignis als erstes eintritt.
Es empfiehlt sich, die letzten Runden in einem Muster zu stricken, das sich nicht einrollt, z.B. kraus, Perlmuster oder Rippenmuster. Zum Schluß noch nach Belieben Fransen einknüpfen.

Für alle, die lieber nach fertigen Anleitungen stricken und des Englischen mächtig sind, hier noch ein Link zu Poncho-Anleitungen zuhauf.

Und morgen verrate ich Euch, wie man ein Dreiecktuch strickt. 😉