Die verstrickte Dienstagsfrage 22/2011

Das Wollschaf fragt diese Woche:
Was macht ihr mit Wollresten?
Nein, ich meine nicht die Sockenwollreste, wo alles die gleiche Lauflänge hat, sondern ein halbes Knäuelchen hiervon, Zweieinhalb Knäuel davon, 270g von was ganz anderem, 120g Effektgarn und alles in unterschiedlicher Nadelstärke. Was halt in einem normalen StrickerInnenhaushalt so anfällt.
Vielen Dank an Reni für die heutige Frage!

Garne betreffend bin ich eher konservativ, das heißt, ich kaufe eher mal größere Mengen Garn in verschiedenen Farben derselben Qualität, wenn ich sie günstig bekomme. Wenn dann mal Reste übrig bleiben, kann man sie oft für ein größeres Projekt kombinieren.
Zudem habe ich als Maschinestrickerin immer Bedarf an “Kontrastgarn”. Viele meiner Projekte benötigen für den Anfang, das Ende oder gar beides ein paar Reihen Kontrastgarn, und dafür eignen sich gut Reste von glattem Garn.
Sowohl von Hand wie auch mit der Maschine stricke ich auch gern Musterpröbchen oder teste mal eine neue Stricktechnik. Auf diese Weise kann man Garne fast aller Art ge- und verbrauchen, und ich bin froh, jederzeit eine kleine Garnauswahl zur Verfügung zu haben.
Richtige Effektgarne habe ich nur wenige. Ich nutze sie als Akzente für schlichte Teile, z.B. eine Blende an einem Strickteil oder einen Schal zu einem schlichten Kleidungsstück.
Davon abgesehen habe ich aber auch keine Bedenken, Garnreste einfach mal wegzuwerfen, wenn mir dafür kein Projekt einfällt. Ich bin nicht der Meinung, dass man auch den letzten Meter Garn unbedingt zu etwas Sinnvollem verarbeiten muss. Zu viele kleine Reste zu haben finde ich belastend.

Olive-Pläne

Vor über einem Monat hatte ich angefangen, “Olive” zu stricken. Wie in der Anleitung angegeben, begann ich mit der Rundpasse. Aber nach einem guten Dutzend Runden wurden andere Projekte wichtiger, und das Ding lag und lag und lag.

Olive, Passenanfang

Gestern abend fiel es mir wieder einmal in die Hände, und mir wurde klar, dass ich es im Leben nicht von Hand fertig bekomme. Da muss die Strickmaschine mithelfen. Also setzte ich mich mit meinem Notizbuch, einem Kugelschreiber und meinem guten alten HP 20S (dessen [C]-Taste leider nur noch in Ausnahmefällen funktioniert, ich brauche wohl einen neuen) aufs Sofa und dröselte die Arithmetik der Anleitung auf. Ein bemaßtes Schnittschema hätte es mir einfacher gemacht, aber so etwas hat die Designerin leider nicht mitgeliefert.

Heute morgen, vor der zweiten Tasse Kaffee, zog ich dann den oben gezeigten kümmerlichen Anfang wieder auf und strickte (immer noch vor der zweiten Tasse Kaffee) eine Maschenprobe mit zwei verschiedenen Maschenweiten auf der Maschine. Die wusch ich durch (immer noch vor der zweiten Tasse Kaffee), und nun warte ich, dass sie trocken wird. Dann wird sie ausgemessen, und ich berechne mir das Ding von unten und in Einzelteilen. Das eigentliche Stricken müsste dann ziemlich flott gehen, und lange Nähte im Matratzenstich können mich ohnehin nicht schrecken.

Die verstrickte Dienstagsfrage 21/2011

Das Wollschaf fragt heute:
Wie persönlich soll Deiner Meinung nach ein Strickblog sein?
Bevorzugst Du reine Strickblogs, in denen allenfalls noch über verwandte Tätigkeiten (Spinnen, Weben, Färben etc.) berichtet wird?
Wie stehst Du zu Berichten über die Familie, Beziehungen, Problemen, Kindern?
Magst Du Blogs, in denen noch von anderen Themen die Rede ist, die nichts mit faserigen Hobbies zu tun haben?
Vielen Dank an Jinx für die heutige Frage!

Es kommt drauf an. Der Schreibstil mancher Strickerinnen spricht mich einfach an, da lese ich auf jeden Fall mit, egal was für ein Inhalt präsentiert wird. Solche Menschen könnten darüber berichten, wie sie ihren Komposthaufen umschichten, selbst das wäre bei ihnen wahrscheinlich spannender Lesestoff.
Ob man über Privates und Problematisches berichtet, muss natürlich jeder selbst entscheiden, dem eigenen Hang zum Exhibitionismus oder zur Heimlichtuerei folgend. Bei mir gibt es kaum Privates, weil die Menschen, über die ich berichten könnte, nicht im Internet verewigt werden möchten.
Manchmal finde ich private Inhalte interessant zu lesen, manchmal sind sie langweilig und manchmal einfach nur peinlich. Da klicke ich dann weg.

Was mich generell kalt lässt:

  • Umfangreiche Fotoserien vom Urlaub — der war bestimmt toll, aber in einem Blogbeitrag sechs unterbelichtete Sonnenuntergänge und neunzehn faszinierende, leider etwas unscharfe Kieselsteinbilder von der aufregenden Wandertour durch die Walachei sind für Außenstehende eventuell ein wenig öd.
  • Ausführliche Krankheitsberichterstattung — mich interessiert der Verbandswechsel nach eurer Blinddarm-OP auch dann nicht, wenn ihr dabei gestrickt habt.
  • Damit zusammen hängt mitunter das wiederholte Erheischen von Mitleid — wenn mitleidige Internet-Kommentare die einzige Form von Zuwendung sind, die ihr bekommt, dann solltet ihr möglicherweise an eurem Leben etwas ändern.

Davon abgesehen finde ich es durchaus reizvoll, wenn in einem Strickblog auch mal über den Tellerrand geschaut wird und man neue kreative Anstöße bekommt.

Etwas Kleines zwischendurch

Normalerweise nehme ich keine Strick-Aufträge an, sondern stricke nur, wonach mir der Sinn steht. Kürzlich jedoch bat mich ein Arbeitskollege, für seine Nichte einen Pullover in Größe 86 zu stricken, ähnlich einem Pulli, den ich Anfang dieses Jahres ohne Auftrag für seine Tochter angefertigt hatte. Solche kleinen Sachen in glatt rechts sind unkompliziert und flott gestrickt, vor allem wenn man sich die Maschenprobe sparen kann, weil man das Garn schon kennt. Zwei Tage habe ich gebraucht, und wenn nicht diverse Wochenend-Pflichten dazwischen gekommen wären, hätte ich es auch an einem Tag geschafft.

Kinderpulli Größe 86

Material: knapp 160 g Wollmeise 100 % Merino, davon etwa 130 g in Farbe “Flower Power” (Gelb-Lila-Fuchsia) und für die Bündchen 25 g in Farbe “Lavendel”, die im Multicolor enthalten ist. Das Halsloch sieht auf dem Foto sehr klein aus, aber ich kann versichern, dass sogar mein Kopf hindurchpasst.
Eventuell peppe ich den Pulli noch mit ein paar lila Strickblümchen auf, aber dazu will ich den Kollegen erst befragen. Allzu mädchenhaft und verspielt soll das fertige Teil nämlich nicht sein.

Gestricktes zusammennähen

Eigentlich nähe ich Stricksachen ganz gern zusammen. Ich weiß, wie man ordentliche Randmaschen produziert, und damit ist es ein Kinderspiel, mit Matratzenstich ebenso ordentliche Nähte zu fabrizieren.
In diesem speziellen Fall allerdings hilft mir der Matratzenstich nicht wirklich weiter, denn hier füge ich Taschenvorder- und -rückseiten zusammen. Das mache ich im Steppstich: Auf der Unterseite zwei Querfäden in eine Richtung auffassen, auf der Oberseite einen Querfaden in die Gegenrichtung, so entsteht eine kaum sichtbare, sehr saubere Naht. Trotzdem ist es eine elende Zählerei, man muss schon sehr genau hinschauen, und so richtig begeistert bin ich von dieser Arbeit nicht. Ich hoffe, die fertige Jacke wird mich dann irgendwann für die Mühe entschädigen.

Tasche, Rückseite

Ich verarbeite hier übrigens ein rostfarbenes Angoragarn (70 % Angora, 30 % Lammwolle), das ich vor zehn Jahren via Ebay gekauft habe. Zum Glück habe ich genügend von dem Zeug, denn fast jedes Knäuel enthält mindestens eine “morsche” Stelle, an der das Garn schon beim Aufspulen reißt. Und wenn diese Stelle ziemlich nahe am Knäuelanfang oder -ende liegt, dann mache ich mir nicht die Mühe, den kürzeren Rest überhaupt noch zu verwenden.

Tasche, Vorderseite

Ach ja, das Design: Glatt rechts mit einem simplen Lochmuster-Motiv auf den schon erwähnten Taschen und den Armkugeln. Angora und Muster passen nur bedingt zusammen, und selbst einfache Lochmuster sind bei diesem reißfreudigen Garn nur Leuten mit starken Nerven zu empfehlen.

Die verstrickte Dienstagsfrage 19/2011

Das Wollschaf fragt diese Woche:
Hast Du in einer schwierigen Lebenssituation Stricken schon mal als eine Art Therapie empfunden? Magst Du darüber erzählen?

Diverse Male habe ich sehr schwierige und belastende Situationen durchgemacht, und auch meine derzeitige Lage ist seit langem alles andere als normal. Vielleicht ist Stricken nicht direkt Therapie, denn es kann meine Situation nicht ändern. Es hilft mir aber, sie zu ertragen. Wenn ich kreativ sein kann, verbessert sich mein Befinden. Depressive Verstimmungen hellen sich auf, Kummer ist weniger spürbar, und im größten Chaos, egal ob gefühlt oder real, hilft es mir ungemein, aus einem Faden etwas Zwei- oder Dreidimensionales, einen anderen “Aggregatzustand” und eine Art von Ordnung zu produzieren. Durch Stricken kann ich Wartezeiten sinnvoll überbrücken und erzwungenen Leerlauf anders nutzen. Je nachdem kann ich mich dabei total vom Alltag ablenken oder meine Gedanken schweifen lassen. Beides ist für mich wichtig, deshalb versuche ich, mir regelmäßig Zeit dafür zu nehmen.

Eulen nach Athen oder Wolle nach Thüringen

Letzten Monat berichtete ich, dass ich am Münchner Hauptbahnhof die neueste Ausgabe der britischen Zeitschrift “Knit” (ehemals “Yarn Forward”) gekauft hatte, und dass sie mir sehr gut gefiel. Deshalb habe ich sie nun online abonniert. Gestern bekam ich zu meiner Überraschung als neue Abonnentin ein Knäuel Sockengarn nebst einem Nadelspiel (2,5 mm) als kleines Begrüßungsgeschenk.

alwo Sockenwolle, Geschenk aus UK

Und leicht belustigt las ich auf der Banderole die Herkunft:
alwo Altenburger Handarbeiten (eine gute Autostunde von hier), Made in Turkey, Schoeller Süssen GmbH. Dieses Knäuel ist also weit gereist und doch nicht weit gekommen. Und was es wird, steht schon fest: Ein Paar Herrensocken in Größe 44.

Die verstrickte Dienstagsfrage 18/2011

Das Wollschaf fragt diese Woche:
Wie schafft Ihr es, dass Eure nichtstrickenden Familienmitglieder, also sicher speziell die Ehemänner, das ständige Gestricke mit seinem Nadelgeklapper, der herumliegenden Wolle, den Stapeln von Anleitungen, das Suchen nach denselben, die Wollsucht an sich und das Maschenzählen fast bis in den Schlaf aushalten?
Habt Ihr “Tricks”, gibt es interessante Kompromisse oder nehmen die besseren Hälften das einfach so hin oder bemerkt Ihr gar ab und an etwa Anzeichen des Abgleitens in Frust und Verzweiflung?
Vielen Dank an Froggie für die heutige Frage!

Bei mir gibt’s zum Glück keine Probleme in dieser Hinsicht. Dass ich Stricken für mein seelisches Wohlbefinden brauche, wird zwar gelegentlich belächelt, aber ansonsten akzeptiert. Ich muss nur drauf achten, dass das sichtbare Strickzubehör nicht überhand nimmt. Die fertigen Produkte jedenfalls werden immer wieder gern genommen.