Die verstrickte Dienstagsfrage 46/2014

Diese Woche fragt das Wollschaf:
KALs/CAls (knit-along/crochet-along) erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Insbesondere für Designer sind solche Aktionen ein probates Mittel, um sich und ihre Anleitungen publik zu machen.
Hast Du schon mal an einem oder auch mehreren KALs oder CALs teilgenommen?
Wenn ja, welche Gründe haben Dich dazu bewogen?
Wer hat den KAL/CAL initiiert?
Worin siehst Du für Dich persönlich den Nutzen, ein Modell gleichzeitig mit anderen Menschen zu stricken/häkeln?
Hast Du eventuell auch schon einmal negative Erfahrungen bei einem KAL/CAL gemacht?
Falls Du noch an keinem KAL/CAL teilgemommen hast: Warum nicht?

An Knitalongs der Mystery-Variante habe ich schon mehrfach teilgenommen. Derzeit bin ich bei einem KAL-Tuch (“Mary Lennox”) beim Stricken der Umrandung, wobei es allerdings nur recht langsam vorangeht, weil die Spitzenbordüre zwar nicht schwierig ist, aber viel Konzentration verlangt. Nebenbei etwas anderes machen (außer “Fernhören”) ist dabei nicht möglich.
Die Gründe, mich an einem KAL zu beteiligen, sind unterschiedlich. Prinzipiell mag ich Überraschungen und stelle mich auch gern auf Herausforderungen ein. Häufig ist bei einem KAL die Anleitung kostenlos oder zumindest günstiger als beim “normalen” Kauf, so etwas nutze ich gern mal aus. Allerdings muss das Ergebnis auch für mich brauchbar sein oder wenigstens als Geschenk taugen. Außerdem bietet ein KAL oft die Möglichkeit, eine mehr oder weniger gut abgelagerte Partie aus meinem nicht unerheblichen Garnfundus sinnvoll zu verbrauchen. Meistens sind die benötigten Garnmengen überschaubar, und es sind Ideen, auf die ich selbst kaum gekommen wäre. Fragen zu Techniken habe ich dabei nur selten. Ich frage höchstens mal nach, wenn ich eine Anleitung unklar oder missverständlich finde, was z.B. beim Mary-Lennox-KAL einige Male der Fall war.
Ob es tausend Teilnehmer sind oder drei, ob ich mit anderen zusammen oder weitgehend für mich allein stricke, ist mir ziemlich gleichgültig. Ich verfolge die diversen Nachrichten zu Fortschritten und Schwierigkeiten nur unregelmäßig, sofern nicht gerade bei mir selbst ein Verständnisproblem auftaucht. Insofern hat das gleichzeitige Stricken mit anderen für mich keine echte Bedeutung. Es kann motivierend wirken, wenn ich sehe, wie andere vorankommen und wie das (Teil-)Ergebnis aussieht; es kann mich aber auch entmutigen, wenn ich merke, dass ich aufgrund meiner persönlichen Lebensumstände mit dem Tempo mancher Nur-Hausfrauen, die offenbar den ganzen Tag strickend auf dem Sofa verbringen, ohnehin nicht mithalten kann. Wenn mir dann noch das Ergebnis nicht gefällt oder für meinen Bedarf unbrauchbar ist, dann passiert es auch, dass ich die Flinte ins Korn werfe. Das ist mir mehr als einmal passiert, u.a. bei “Earth & Sky” von Stephen West, um dessen Entwürfe ich seither einen ziemlich großen Bogen mache. Weitere aufgegebene Projekte waren z.B. “Seigaiha” von Kitman Figueroa, in das ich einige irreparable Fehler eingebaut hatte (davon abgesehen gefällt mir das Modell immer noch), und “Los Lirios” von al-abrigo, bei dem ich mich innerhalb kurzer Zeit schier zu Tode langweilte. Mit “Earth & Sky” und “Los Lirios” hätte ich ganz sicher nicht angefangen, wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt.
Es gibt aber auch positive Überraschungen. Der “Slipstream”-KAL beispielsweise war für mich ein voller Erfolg; die Ergebnisse finde ich sehr gelungen und werde diese Teile ganz sicher noch einmal stricken, dann auch mit der Mütze, deren Anleitung es als Geschenk für die KAL-Teilnehmer gab.
Mein Fazit: Je mehr man vorab über ein KAL-Projekt weiß, desto besser. Man kann dann einschätzen, ob es langweilig, zu schwierig oder gerade richtig ist und ob das Ergebnis in Bezug auf Stil und Brauchbarkeit es wert ist, gestrickt zu werden. Das hat nach meiner Erfahrung nichts damit zu tun, ob viele oder wenige Leute teilnehmen. Als Teilnehmer sollte man sich über seinen Geschmack, seine Fähigkeiten und seinen Bedarf im klaren sein, um sinnvoll entscheiden zu können.

Noch einmal fingerlose Handschuhe

Im vergangenen Monat hatte ich das blaue Paar “Slipstream” Handschuhe fertiggestellt, das ich im Juli angefangen hatte. Weil ich danach so schön in Schwung war, startete ich umgehend mit einem zweiten Paar, diesmal passend zum Loop, der Ende Juli fertig geworden war. Und innerhalb von sechs Tagen war das Paar fertig, das so aussieht:

Slipstream Handschuhe

Verbraucht habe ich dafür ungefähr 50 g Wollmeise “100 % Merino” (von einem uralten Strang) in Farbe “Wellensittichvogelfeder” sowie 66 Perlen. Nach wie vor finde ich diese Anleitung sehr schön, sie ist abwechslungsreich zu stricken und trotzdem nicht zu schwierig. Man sollte allerdings in der Lage sein, auf irgend eine Weise zuverlässig Reihen zu zählen.
Obwohl es durchaus “meine” Farben sind, bleiben die Handschuhe und der dazugehörige Loop nicht bei mir. Sie wurden heute verschenkt. Ich könnte mir aber gut vorstellen, nach den Anleitungen von Louise Zass-Bangham nochmals so ein Set zu stricken, diesmal dann vielleicht auch mit passender Mütze.

Die verstrickte Dienstagsfrage 45/2014

Diese Woche fragt das Wollschaf:
Mit welcher Wolle habt ihr Stricken gelernt oder wiederentdeckt?
Welche Wolle verstrickt ihr am liebsten?
Hat es sich verändert, mit welcher Wolle ihr gerne strickt oder gibt es Garne, die ihr früher in rauen Mengen verarbeitet habt und nun könnt ihr nix mehr damit anfangen?
Gibt es Wolle, die euch nicht ins Haus kommt?
Vielen Dank an Viv für die heutige Frage!

Gelernt habe ich Stricken als Grundschulkind, an das Garn kann ich mich nicht genau erinnern. Es war irgendetwas in Naturweiß. Für meine Puppen habe ich seinerzeit aus dünner Wäschebaumwolle (Reste, die ich von einer Großtante bekam) Kleider gehäkelt, mit Nadelstärke 2 mm.
Heute verarbeite ich am liebsten reine Wolle und Wollmischungen ohne Kunstfasern, also z.B. mit Seide oder Alpaka, gern handgefärbt. Früher habe ich häufiger mit Baumwolle oder Baumwollmischungen gestrickt, das mache ich inzwischen nicht mehr so gern, weil Baumwolle im Vergleich mit Wolle schwer ist und nicht gut wärmt, außer dass man durch das reine Gewicht ins Schwitzen kommt.
Viele Strickerinnen wollen nur extrem weiche Garne verarbeiten. Ich bin da nicht so wahnsinnig empfindlich, es muss durchaus nicht immer superweiche Merinowolle sein. Die etwas kratzigeren Qualitäten haben oft mehr Charakter und sind für viele Projekte einfach besser geeignet, weil sie ein stabileres Gestrick ergeben, weniger pillen und sich nicht längen.
Reine Kunstfasern verstricke ich für mich selbst eigentlich gar nicht; eine gewisse Daseinsberechtigung haben sie trotzdem. Es gibt Situationen und Lebensabschnitte, in denen man ein absolut pflegeleichtes Material braucht, das man ohne Be- und Nachdenken in die Waschmaschine und gegebenenfalls auch den Trockner werfen kann. Und manchmal sind bei einem Projekt ja auch Effekte gewünscht, die sich mit Naturfasern nicht realisieren lassen.

Mehr von Domek dem Schal

Eine meiner Kolleginnen, die den Schal sah, meinte spontan: “Das ist ja ein geniales Teil!” Recht hat sie.
Obwohl das Garn (Posh Vivienne Chunky) 15 % Mohair enthält, was nicht gerade zu mein Lieblingsmaterialien gehört, ist der Schal erstaunlich weich; er kratzt überhaupt nicht, wärmt aber unglaublich.

Bei einer Lauflänge von 80 Metern auf 100 g rechnet man ja eher mit einem sperrigen Ergebnis. Das simple Lochmuster (abwechselnd 1 Umschlag, 2 M zusammenstricken, und das in jeder Reihe) macht den Schal aber sowohl luftig-locker als auch schmiegsam.

So sieht es aus, wenn er getragen wird:

Domek Schal getragen

Für knackig-kalte Wintertage dürfte er genau das Richtige sein.

Domek, der Schal

Meine neue dicke Strickjacke sieht wunderschön aus und passt auch perfekt, hat aber, wie ich bereits erwähnte, einen sehr weiten Ausschnitt. Da ich es an dieser Stelle gern warm habe und weil ohnehin noch drei Stränge Posh “Vivienne Chunky” à 80 m übrig waren, lag es nahe, einen schönen breiten Schal zu stricken, mit dem sich quasi die Lücken in der Deckung füllen lassen.

Meine Wahl fiel auf das Modell “Domek” , das kostenlos via Ravelry erhältlich ist. Die Gründe:

  • Es ist ein Loop, aber einer mit wärmenden Zipfeln, die beim Tragen dort bleiben, wohin man sie drapiert.
  • Man kann ihn beliebig breit und beliebig lang stricken, soweit das Garn eben reicht.
  • Das Muster ist simpel zu stricken und sieht von beiden Seiten gleich (und gleich gut) aus. Es eignet sich übrigens auch gut für Stricktreffen. 😉
  • Trotz des dicken Garns ist das Gestrick nicht sperrig, sondern locker und angenehm zu tragen.

Domek Schal

Ich stricke den Schal übrigens breiter als vorgegeben; meine Version wird 36 cm breit und ca. 120 cm lang. Das Foto zeigt den Stand nach dem Verarbeiten von zwei Strängen; der dritte ist in Arbeit.