Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte

Alle, die neugierig sind, wie so eine japanische Strickanleitung in Diagramm-Form aussieht, können hier mal gucken:

japanische Anleitung in Diagramm-Form

Das Schema zeigt Vorder- und Rückenteilhälfte eines Pullovers, der in Norwegertechnik gestrickt wird. Die dicken Pfeile kennzeichnen die Strickrichtung. Die Bündchen werden hier nach Fertigstellung der Leibteile über eine verringerte Maschenzahl nach unten angestrickt. Das ist eine sehr praktische Methode; so herum ist es einfacher, als für eine größere Maschenzahl verteilt zuzunehmen.

Die Zahlen mit dem “c” dahinter sind Zentimeterangaben. In Klammern darunter sind Maschen- bzw. Reihenzahlen. Angaben wie “1 – 5 – 1” bezeichnen das Abnahmeschema, hier für den Halsausschnitt vorn. Man liest sie der Reihe nach von unten nach oben. „Ð = 10“ ist die Einstellung für die Maschenweite, hier also 10.

Für die Ärmel gibt es ein analoges Schema. Auch die Halsblende ist durch eine Zeichnung erläutert, aufs Vorderteil entfallen dabei 65 Maschen, aufs Rückenteil 55. Die Halsblende geht über 18 Reihen, wird gedoppelt und ist in fertigem Zustand 3 cm breit. Das Einstrickmuster ist in der Anleitung ebenfalls als Diagramm wiedergegeben, ein Norwegerstern in einer Raute, 24 Maschen breit und 22 Reihen hoch. Es ist ein ziemlich ”dichtes“ Muster, das erklärt auch die Maschenprobe von 30 Maschen und 30 Reihen auf 10 cm.

Zeit, Japanisch zu lernen

Diese japanischen Anleitungshefte haben aus Dodo Bürkels Nachlaß den Weg zu mir gefunden. Sie sind aus den 80er Jahren.

japanische Strickmusterhefte

Meine Japanisch-Kenntnisse sind zwar nonexistent, aber da die Japaner ihre Anleitungen dankenswerterweise immer in Diagramm-Form schreiben und man zwischen den Schriftzeichen die arabischen Zahlen ganz gut ausmachen kann, kann man trotzdem etwas damit anfangen. Und für spezielle Techniken gibt es verständliche Zeichnungen anstelle von wortreichen Erklärungen.

Die Hefte sind zwar 20 und mehr Jahre alt, aber vieles, was darin beschrieben ist, ist auch heute noch (oder wieder) modisch. In einem Heft sind z.B. drei verschiedene Anleitungen für etwas, was die hippe Strickerin von heute wohl als “Ärmelschal” bezeichnen würde. Das eine Exemplar hat sogar rüschengeschmückte Kanten, die den Rüschenbesätzen aus den aktuellen Rowan-Heften in nichts nachstehen:

Ärmelschal mit Rüschenbesatz, 80er Jahre

Die Wahrscheinlichkeit, daß irgendjemand mich mal in so einem Teil sehen wird, ist allerdings knapp vor Null, und das liegt sicherlich weniger daran, daß ich mit der Anleitung nicht zurechtkäme. 😉

Strickomanie oder Wer strickt am vielsten

Es gibt Strickerinnen, denen ist es egal, was sie stricken und woraus es besteht. Hauptsache, sie stricken, und zwar möglichst viel. Einerseits beneide ich als Berufstätige diese Damen um ihre viele freie Zeit. Zweierseits finde ich es gut, dass sie überhaupt stricken und nicht länger ihre Wohnzimmerfenster mit putzigen Marienkäferchen bemalen. Dreierseits frage ich mich, ob sie mit ihrer Zeit nicht etwas Sinnvolleres anfangen könnten, z.B. einen richtig klassischen Guernsey stricken (sowohl Gladys Thompson als auch Sabine Domnick bieten reichlich Anregung dafür), oder eins der wunderschönen Lavold-Modelle, die man sicher auch in zehn Jahren noch tragen kann, ohne die Umwelt nachhaltig zu verstören.

Im Extremfall sammelt so eine manisch-unkritische Strickerin schrankweise Polydingsbums-“brown paperbag jumpers” an, wie Janet Nabney solche Produkte (in einem etwas anderen Zusammenhang) ebenso lieblos wie zutreffend in einem ihrer Bücher genannt hat. Damit das Hobby nicht zu sehr ins Geld geht, nimmt man dann Garne, die das Kaufhaus gerade billig auf dem Grabbeltisch anbietet, Farbe egal, am liebsten alle auf einmal, und klar doch sieht magentapinkorangefarbenes Fransengarn auch in Größe 48 noch gut aus, nur Mut, notfalls umhäkeln wir es in Kermitampelmännchengrün, und aufkeimende Selbstkritik wischen wir beherzt beiseite.

Ein Dreiecktuch stricken

Nein, ich habe meine Ansicht nicht geändert. Nach wie vor halte ich Dreiecktücher für ausgesprochen unpraktische Kleidungsstücke. Zu ihren wenigen Vorteilen gehört, daß sie im allgemeinen auch dann noch passen, wenn man stark an Gewicht zu- oder abnimmt, und daß manche von ihnen so simpel zu stricken sind, daß man sich sogar die Maschenprobe sparen kann.

Dies ist ein Beispiel:
Anschlag mit beliebigem Garn über 3 Maschen.
1. Reihe: 1 rechts, 1 Umschlag, 1 rechts, 1 Umschlag, 1 rechts.
2. und alle weiteren Rückreihen: Maschen und Umschläge rechts stricken.
Mittelmasche markieren.
3. und alle weiteren Hinreihen: Alle Maschen rechts, dabei nach der ersten, vor und nach der Mittelmasche und vor der letzten Masche 1 Umschlag machen. Es entsteht ein Dreieck, man strickt über die Diagonalen und erhält in der Mitte eine doppelte Lochreihe.

kraus gestricktes Dreiecktuch mit Zunahmen in der Mitte

Weiterstricken, bis das Garn alle ist, man keine Lust mehr hat oder die gewünschte Größe erreicht ist, je nachdem, welches Ereignis als erstes eintritt.
Dieses Tuch ist nun kraus gestrickt und rollt sich nicht ein. Man kann es nach dem Stricken noch spannen, dann sieht es besser aus. Nach Belieben kann man in die kurzen Kanten auch noch Fransen einknüpfen.
Wer selbst kreativ sein will, strickt nach demselben Schema in beliebigen Mustern, je nach Garn aber möglichst in solchen, die sich nicht rollen.

Einen Poncho stricken

Ich weiß, daß etliche Besucher nur auf diese Seite geraten, weil sie nach der Strickanleitung für einen Poncho suchen.
Ponchos sind der Hit der Saison, es gibt mittlerweile keine Strickzeitschrift, die ohne Anleitungen für diese coolen Teile auskommt. (Ponchos gehören außerdem zu den unpraktischsten Kleidungsstücke, die ich mir vorstellen kann, sie kommen gleich hinter dem Dreiecktuch. Poncho und Schultertasche sind schier unvereinbar. Poncho und Autofahren gehen nur mit Mühe zusammen. Poncho und Rucksack lassen die Trägerin aussehen wie weiland Quasimodo, den Glöckner von Notre Dame.)

Trotzdem ist alle Welt verrückt auf die Dinger. Kollektiver Wahnsinn halt.
Hier sind zwei Varianten, nach denen Ihr selbst aktiv werden könnt. Beide unterliegen keinem wirklichen Urheberrecht. Beide lassen sich nach Belieben abwandeln. Beide eignen sich für praktisch jedes Garn, fast jedes Muster und jede Größe.

Nummer 1: Poncho aus zwei gleich großen Rechtecken.
Die Breite A der Rechtecke sollte der Strecke vom Halsloch über die Schulter hinunter bis zum Handgelenk (oder wo der Poncho enden soll) entsprechen. Nachmessen! Bei einer durchschnittlich großen Frau sind es etwa 70 cm. Zu dieser Breite zählt man nun knapp den halben Kopfumfang, etwa 27-34 cm. Zusammen ergibt es die Länge B, die die Rechtecke haben müssen. Jetzt kann man fröhlich losstricken. Es empfielt sich, ein Muster zu wählen, das sich nicht einrollt. Glatt rechts (oder glatt links) ist nicht unbedingt die beste Wahl.

Schnittschema für Poncho aus Rechtecken

Sind die Rechtecke fertig, dann näht man sie gemäß dem Schema zusammen. In der Mitte bleibt ein Schlitz für den Kopf. Aus den Schlitzkanten Maschen für eine Blende oder einen (Roll-)Kragen aufnehmen und wie gewünscht stricken. Locker abketten, damit der Kopf noch durchpaßt. Je nach Geschmack kann man die Schlitzkanten auch so lassen, wie sie sind.
An den unteren Kanten nach Belieben Fransen einknüpfen.

Nummer 2: Poncho mit vier Zipfeln
Dieses Modell wird von oben nach unten gestrickt. Mit beliebigem Garn so viele Maschen (teilbar durch 4) anschlagen, daß das Gestrick um den Kopf paßt. Vorher eine Maschenprobe machen hilft hier sehr! Anschlag zur Runde schließen und das Halsbündchen beliebig hoch stricken. Nun die Maschen in vier gleich große Gruppen einteilen und jeweils die erste Masche einer Gruppe markieren. Angenommen, man hat mit 80 Maschen angefangen, dann würde man also die Maschen 1, 21, 41 und 61 markieren.
Nun wird in jeder 2. Runde beidseitig der markierten Maschen eine Masche zugenommen (z.B. durch einen Umschlag), also jeweils 8 Maschen alle zwei Runden. Weiterstricken, bis das Garn alle ist, man keine Lust mehr hat oder die gewünschte Länge erreicht ist, je nachdem, welches Ereignis als erstes eintritt.
Es empfiehlt sich, die letzten Runden in einem Muster zu stricken, das sich nicht einrollt, z.B. kraus, Perlmuster oder Rippenmuster. Zum Schluß noch nach Belieben Fransen einknüpfen.

Für alle, die lieber nach fertigen Anleitungen stricken und des Englischen mächtig sind, hier noch ein Link zu Poncho-Anleitungen zuhauf.

Und morgen verrate ich Euch, wie man ein Dreiecktuch strickt. 😉

Die Sonntags-Rezension

Gestern habe ich meinen Zeitschriftenhändler reich und glücklich gemacht, indem ich die drei neuen Ausgaben von “Rebecca”, “Filati” und “Sabrina Stricktrends” erstand. Ich wette, beim Durchzählen seines Kassenbestands hat er gejubelt und einen Toast auf manische Strickzeitschriftenkäuferinnen im allgemeinen und mich im besonderen ausgebracht.

Die “Rebecca” Nr. 30 finde ich ausgesprochen gelungen. 55 Modelle, und darunter nur etwa 20 % wenig bis gar nicht tragbares Zeug, das schafft nicht jede Zeitschrift. Alles ist topmodisch, und trotzdem 😉 gefallen mir einige der Pullis so gelungen, daß ich sie sofort anziehen würde. Und die präzisen Schemazeichnungen kann man wunderbar für eigene Ideen umsetzen.

Das einzige Modell, das mir wirklich Rätsel aufgibt, ist Nr. 55, ein “Umhang mit Ärmeln”. Ein schräg gestricktes Quadrat mit zwei Schlitzen, in die man zwei gestrickte Röhren, eben die Ärmel, einnäht. Aber wie um Himmels willen trägt man das Ding? Über den Kopf ziehen geht nicht, es ist kein Loch für den Kopf vorhanden. Wenn man es doppelt legt und sich drin einwickelt, landen die Arme in einer Sackgasse, denn die Ärmel sind nur in einer der beiden Lagen vorhanden. Ich stehe vor einem Rätsel.
Das Foto (ganz rechts) bringt ebenfalls keine Erkenntnisse. Es ist sehr klein, und der Umhang ist vorsichtshalber konturenlos schwarz. Man sieht nur eine (nackte?) grinsende Schwarzhaarige in einem schaumbedeckten Ozean, die sich irgendwie darin eingewickelt hat. Vielleicht grinst sie, weil sie weiß, daß sich einige Strickerinnen fragen werden, wie um alles in der Welt sie das geschafft hat.

Antiquität

Beim Entrümpeln einer Wohnung stieß ich auf dieses:

kleiner Kanister Ballistol Spezialöl

Ein kleiner Kanister Ballistol Klever Spezialöl. Auf dem Beipackzettel ist als Hersteller F.W. Klever Chemische Fabrik, D-509 Leverkusen angegeben. Ich schätze mal, das Fundstück stammt aus den 60er Jahren.
Was ich damit mache? Ich öle meine Strickmaschinen damit! Laut Beipackzettel altert das Öl nicht, verharzt nicht und trocknet nicht ein. Ich kann’s nur bestätigen; der Inhalt des Kanisters ist wie neu, dünnflüssig und voll gebrauchsfähig. Damit werde ich sicher eine ganze Weile auskommen, selbst wenn ich es großzügig verwende. 🙂

Datums-Babylon

Es scheint mir endlich gelungen zu sein, das Datum einzudeutschen. Der entsprechende “locale”-Eintrag muß, wenigstens bei meiner Server-Konfiguration, “german” lauten, nur geht das aus keiner Dokumentation hervor. Der englische heißt laut Doku “en”, der französische angeblich “fr”. Go figure! (Dafür fehlt mir jetzt das deutsche Äquivalent.) Hier kann ich nur Experimentieren empfehlen.

Dagegen ist das Datumsformat geradezu ein Kinderspiel…

Monitormannschaft

Für alle, die bislang nicht wußten, was das ist (oder daß es so etwas überhaupt gibt), kommt hier ein Bild einer klassischen Monitormannschaft.

Dies ist eine Monitormannschaft
Von links nach rechts: Ein Uhu, der gern Admiral werden wollte und deshalb einen goldverzierten Hut bekam; eine Schnecke namens Cosili, die im Gegensatz zu ihren beiden Kollegen immerhin über ein Eigenheim verfügt und ansonsten in jedem unbeobachteten Moment versucht, rücklings vom Monitor zu rutschen; und ganz rechts ein Kaninchen namens Pfläumchen-Margerite, das unter Waschzwang leidet und deshalb ein wenig zerfleddert aussieht. Zuviel Waschen tut einem Stofftier einfach nicht gut.

Nein, es handelt sich nicht um meinen Monitor. Auf dem sieht’s anders aus. Vielleicht mache ich davon auch gelegentlich mal ein Bild…

Garngefühle

Neulich war ich in der Handarbeitsabteilung eines Kaufhauses und hatte Gelegenheit, zwei Garnschöpfungen von Schoeller & Stahl zu erleben. Zum einen “Big Ball”, ein extrem dickes Polyacryl-Garn in verschiedenen Farbvariationen, die alle miteinander ziemlich schrill und bonbonmäßig aussehen. Das Garn hat eine Maschenprobe von 7 Maschen auf 10 cm, eine Lauflänge von 180 m auf 200 g, und angeblich reichen zwei solcher Knäule, um einen Pullover zu stricken. Unfaßbar. Wenn ich etwas für mich stricke, brauche ich mindestens 900-1.000 Meter.

Das zweite Garn war “Lolita”, einfarbig, leicht fransig-noppig und so weich, daß ich es spontan als eklig-glitschig empfand. Für mich war’s das haptische Äquivalent zu den knallbunten Fitness-Getränken, die nur aus Farbstoff und künstlichem Aroma bestehen. Sowenig ich mich überwinden kann, so etwas zu trinken, sowenig möchte ich diese Garne verarbeiten.

Vermutlich ist das ein sicheres Anzeichen, daß ich alt werde. 🙂