Die Sonntags-Rezension

Gestern habe ich meinen Zeitschriftenhändler reich und glücklich gemacht, indem ich die drei neuen Ausgaben von “Rebecca”, “Filati” und “Sabrina Stricktrends” erstand. Ich wette, beim Durchzählen seines Kassenbestands hat er gejubelt und einen Toast auf manische Strickzeitschriftenkäuferinnen im allgemeinen und mich im besonderen ausgebracht.

Die “Rebecca” Nr. 30 finde ich ausgesprochen gelungen. 55 Modelle, und darunter nur etwa 20 % wenig bis gar nicht tragbares Zeug, das schafft nicht jede Zeitschrift. Alles ist topmodisch, und trotzdem 😉 gefallen mir einige der Pullis so gelungen, daß ich sie sofort anziehen würde. Und die präzisen Schemazeichnungen kann man wunderbar für eigene Ideen umsetzen.

Das einzige Modell, das mir wirklich Rätsel aufgibt, ist Nr. 55, ein “Umhang mit Ärmeln”. Ein schräg gestricktes Quadrat mit zwei Schlitzen, in die man zwei gestrickte Röhren, eben die Ärmel, einnäht. Aber wie um Himmels willen trägt man das Ding? Über den Kopf ziehen geht nicht, es ist kein Loch für den Kopf vorhanden. Wenn man es doppelt legt und sich drin einwickelt, landen die Arme in einer Sackgasse, denn die Ärmel sind nur in einer der beiden Lagen vorhanden. Ich stehe vor einem Rätsel.
Das Foto (ganz rechts) bringt ebenfalls keine Erkenntnisse. Es ist sehr klein, und der Umhang ist vorsichtshalber konturenlos schwarz. Man sieht nur eine (nackte?) grinsende Schwarzhaarige in einem schaumbedeckten Ozean, die sich irgendwie darin eingewickelt hat. Vielleicht grinst sie, weil sie weiß, daß sich einige Strickerinnen fragen werden, wie um alles in der Welt sie das geschafft hat.

Antiquität

Beim Entrümpeln einer Wohnung stieß ich auf dieses:

kleiner Kanister Ballistol Spezialöl

Ein kleiner Kanister Ballistol Klever Spezialöl. Auf dem Beipackzettel ist als Hersteller F.W. Klever Chemische Fabrik, D-509 Leverkusen angegeben. Ich schätze mal, das Fundstück stammt aus den 60er Jahren.
Was ich damit mache? Ich öle meine Strickmaschinen damit! Laut Beipackzettel altert das Öl nicht, verharzt nicht und trocknet nicht ein. Ich kann’s nur bestätigen; der Inhalt des Kanisters ist wie neu, dünnflüssig und voll gebrauchsfähig. Damit werde ich sicher eine ganze Weile auskommen, selbst wenn ich es großzügig verwende. 🙂

Datums-Babylon

Es scheint mir endlich gelungen zu sein, das Datum einzudeutschen. Der entsprechende “locale”-Eintrag muß, wenigstens bei meiner Server-Konfiguration, “german” lauten, nur geht das aus keiner Dokumentation hervor. Der englische heißt laut Doku “en”, der französische angeblich “fr”. Go figure! (Dafür fehlt mir jetzt das deutsche Äquivalent.) Hier kann ich nur Experimentieren empfehlen.

Dagegen ist das Datumsformat geradezu ein Kinderspiel…

Monitormannschaft

Für alle, die bislang nicht wußten, was das ist (oder daß es so etwas überhaupt gibt), kommt hier ein Bild einer klassischen Monitormannschaft.

Dies ist eine Monitormannschaft
Von links nach rechts: Ein Uhu, der gern Admiral werden wollte und deshalb einen goldverzierten Hut bekam; eine Schnecke namens Cosili, die im Gegensatz zu ihren beiden Kollegen immerhin über ein Eigenheim verfügt und ansonsten in jedem unbeobachteten Moment versucht, rücklings vom Monitor zu rutschen; und ganz rechts ein Kaninchen namens Pfläumchen-Margerite, das unter Waschzwang leidet und deshalb ein wenig zerfleddert aussieht. Zuviel Waschen tut einem Stofftier einfach nicht gut.

Nein, es handelt sich nicht um meinen Monitor. Auf dem sieht’s anders aus. Vielleicht mache ich davon auch gelegentlich mal ein Bild…

Garngefühle

Neulich war ich in der Handarbeitsabteilung eines Kaufhauses und hatte Gelegenheit, zwei Garnschöpfungen von Schoeller & Stahl zu erleben. Zum einen “Big Ball”, ein extrem dickes Polyacryl-Garn in verschiedenen Farbvariationen, die alle miteinander ziemlich schrill und bonbonmäßig aussehen. Das Garn hat eine Maschenprobe von 7 Maschen auf 10 cm, eine Lauflänge von 180 m auf 200 g, und angeblich reichen zwei solcher Knäule, um einen Pullover zu stricken. Unfaßbar. Wenn ich etwas für mich stricke, brauche ich mindestens 900-1.000 Meter.

Das zweite Garn war “Lolita”, einfarbig, leicht fransig-noppig und so weich, daß ich es spontan als eklig-glitschig empfand. Für mich war’s das haptische Äquivalent zu den knallbunten Fitness-Getränken, die nur aus Farbstoff und künstlichem Aroma bestehen. Sowenig ich mich überwinden kann, so etwas zu trinken, sowenig möchte ich diese Garne verarbeiten.

Vermutlich ist das ein sicheres Anzeichen, daß ich alt werde. 🙂

Nadelstärke und Strickmaschine

Die Nadeln einer Strickmaschine haben immer dieselbe Stärke. Schon deshalb ist es relativ sinnlos, das Prinzip der Nadelstärke vom Handstricken auf die Maschine übertragen zu wollen. An der Strickmaschine wird über den Maschenweiteregler eingestellt, wie weit der Schlitten beim Verstricken die einzelnen Nadeln nach hinten zieht. Damit wird bestimmt, wie groß die Maschen ausfallen.

Hinzu kommt: Die Nadelstärke ist eine sehr, sehr vage Empfehlung der Hersteller und damit nicht besonders aussagekräftig. Beim Durchsehen eines älteren “Fischer Wolle”-Katalogs fand ich elf verschiedene Garnarten, für die u.a. Nadelstärke 3 empfohlen wurde. Von klassischer Sockenwolle, die eine Maschenprobe von 30 M x 42 R ergibt, bis zu einem mittelstarken Garn (typisches “double knit”, mit dem man auf eine Maschenprobe von 22 M x 33 R kommen soll. Diese beiden Extreme sind beim besten Willen nicht mehr miteinander vergleichbar.
Vierfach-Sockengarn läuft großartig auf einer Standard-Maschine; das mittelstarke Garn hingegen wird bestenfalls ein brettartiges Gestrick ergeben, das man vielleicht als standfeste Raumdekoration verwenden kann.

Ich wünschte, die deutschen Garn- und Anleitungsproduzenten wären endlich mal so schlau wie die Briten und Amerikaner, die schon seit langem Garne nach Typ (Fingering, Sport Weight, Double Knit, Aran, Chunky, Bulky) einteilen und bei Anleitungen die benötigte Menge in Metern angeben. Aber das wird wohl noch auf sich warten lassen.

Mein Tipp für Maschinestrickerinnen: Überlegt Euch, welche Maschenprobe Ihr haben wollt. Danach richtet es sich, welche Maschine in Frage kommt und welche Maschenweite dafür eingestellt wird. Will ich (bei glatt rechts) 27 Maschen auf 10 cm haben, dann stricke ich mit MW 9. Mit MW 8 komme ich auf 28, mit MW 7 auf 29, mit MW 6 auf 30 Maschen pro 10 cm. Das sind reine Erfahrungswerte. Andere Maschinen können davon abweichen, aber ein und dieselbe Maschine sollte bei geeignetem Garn immer dasselbe Ergebnis liefern.
Schon vor längerer Zeit habe ich zusammengefaßt, welches Garn sich für welche Strickmaschine eignet. Lest einfach mal nach. 🙂

Die Strickliesel oder Wie man Idioten-Kordeln produziert

Aller Anfang ist schwer. Der Anfang bei der Strickliesel ist besonders schwierig, gemessen an der Zahl der Anfragen, die man immer wieder findet.

Es geht folgendermaßen:
Das Fadenende durch das Loch nach unten durchfädeln und festhalten.
Den Faden, der vom Knäuel kommt, gegen den Uhrzeigersinn um die erste Strickliesel-Öse wickeln, dann zur zweiten Öse nach links gehen und wieder gegen den Uhrzeigersinn umwickeln usw., bis alle Schlaufen so umwickelt sind. Auf dem Bild fehlt noch die Umwicklung für die vierte Öse.

Strickliesel-Fadenanfang

Sind alle Ösen glücklich umwickelt, geht das eigentliche Stricken los: Den Faden auf der Außenseite von rechts nach links VOR die erste umwickelte Öse halten, die darunter liegende Garnschlinge drüberheben und nach innen fallen lassen.
Eine Öse weiter nach links rücken, Faden außen vor die Öse und die darunter liegende Garnschlinge drüberheben.
Und so weiter, bis man keine Lust mehr hat. Den Faden nicht zu fest spannen, sonst läßt er sich nicht mehr über die Ösen heben.
Das “Stricken” geht übrigens ganz hundsmiserabel mit der meistens mitgelieferten Plastiknadel und wesentlich besser mit einem stabilen Häkelhaken!

Zum Beenden den Faden durch die vier Garnschlingen auf den Ösen fädeln, die Schlingen von der Strickliesel heben, Faden strammziehen und fertig.
Linkshänder machen es gegengleich.

Für Faule, die Strickliesel-Stricken öde finden, hat die Industrie mal die sogenannte Strickmühle erfunden. Sie funktioniert mit Klapphäkchen, die, durch eine Kurbel angetrieben, sich öffnen und schließen und den Faden durchziehen.
Die ganz Faulen, zu denen ich gehöre, stricken ihre Kordeln übrigens auf der Strickmaschine: Wickelanschlag von links nach rechts über vier Nadeln machen, Faden in den Schlitten einfädeln, rechte Part- bzw. Leerlauftaste drücken und fröhlich losstricken. Durch Festhalten und gefühlvolles Ziehen am Anschlagfaden wird das Gestrick ausreichend beschwert.

Um zum guten Schluß auf die oben erwähnten Idioten zurückzukommen: I-cord wird eine mit normalen Stricknadeln frei oder an ein Strickstück angestrickte Kordel über 3-5 Maschen im angelsächsischen Raum genannt. Und das ist tatsächlich die Abkürzung für “idiot cord”.

Nachtrag: Was man aus den Stricklieselkordeln machen kann, könnt Ihr hier nachlesen. 🙂

Nadelnotstand und Nostalgie

Mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Verzweiflung suchte ich heute nach einer Rundstricknadel Stärke 3 mm, weil ich damit an ein maschinegestricktes Teil von Hand ein Bündchen stricken wollte. Alle möglichen Stärken und Längen waren in meiner Nadelsammlung vorhanden, nur diese eine wollte sich partout nicht finden lassen. Ich erinnerte mich aber deutlich, wenigstens ein Exemplar in dieser Stärke zu besitzen, und zwar schon seit über 20 Jahren. Es war glänzend blank, und so suchte ich nach etwas glänzend Blankem.

Schließlich fand ich diese eine Nadel, allerdings hatte sie sich im Laufe der letzten Jahre verfärbt und war stumpf geworden, so stumpf, daß die Maschen darauf gar nicht recht rutschen wollten. Und ich erinnerte mich an das eine, einzige Projekt, das ich damit hatte stricken wollen. Es hatte Jahre auf dieser Nadel zugebracht, bevor es letztlich in den Müll wanderte: Ein gelb-rot gestreifter Pullunder aus Esslinger “Geisha”.

Die Firma Esslinger wurde schon vor langer Zeit von der Firma Schoeller geschluckt, man nannte sich daraufhin “Schoeller-Esslinger”. Vor nicht ganz so langer Zeit verschmolz Schoeller-Esslinger dann mit Stahlsche Wolle, und jetzt heißt das Unternehmen Schoeller & Stahl.

Ach ja, die “Geisha”. Das war vor über 20 Jahren ein sehr beliebtes und auch relativ preiswertes Flauschgarn aus 85 % Polyacryl und 15 % Mohair mit einer Lauflänge von 175 m pro 50-g-Knäuel. Es wurde mit Nadeln Stärke 3-3,5 verstrickt und ergab damit ein ziemlich lockeres Gestrick von 21 Maschen und 29 Reihen auf 10 cm. Ich glaube, heute würde ich damit nicht mehr stricken wollen. Aber im “Diana”-Heft vom November 1982 (das erste Strickheft übrigens, das ich mir jemals gekauft habe) ist ein Pullover aus diesem Garn beschrieben, der einen sehr interessanten Schnitt mit eingesetzten Puffärmeln hat. Dafür werden jeweils drei Ärmelmaschen zusammen abgekettet, eine sehr pfiffige Lösung, um die Ärmeloberkante ohne größere Verrenkungen einzukräuseln. Vielleicht versuche ich diesen Schnitt irgendwann doch noch mal auf der Strickmaschine umzusetzen.

Garn-Überlegungen

Es gibt Garne, die sehen im Knäuel oder auf der Kone unendlich vielversprechend aus. Verstrickt man sie dann, ist man enttäuscht: Die Garnstruktur kommt nicht richtig zur Geltung, die tollen Farbverläufe verschwimmen zu einem undefinierbaren Mischmasch oder ergeben öde Querstreifen. Das passiert leider auch mit teuren Designergarnen. Eine der größten Herausforderungen ist deshalb meiner Ansicht nach, das passende Projekt für ein bestimmtes Garn zu finden.

Ich habe teilweise seit Jahren allerlei Garne, für die ich immer noch nach DEM optimalen Projekt suche, das ihre Vorzüge bestens zur Geltung bringt und ihre Nachteile gnädig verbirgt. Eines dieser Sorgenkinder ist ein Polyamid-Bändchengarn von Schachenmayr namens “Samoa”, todschick im Knäuel, knallrot, halbtransparent und extrem leicht — 25 g haben eine Lauflänge von 135 m, und gestrickt wird mit Nadelstärke 5 bis 6.

Das ergibt laut Banderole 22 M auf 10 cm, eine Maschenprobe, die man sonst bei Nadelstärke 3,5 bis 4 erwarten würde. Das Gestrick zieht sich nämlich heftig zusammen. Ursache dafür ist die Garnstruktur: Ein sehr elastischer gewirkter Schlauch, der sich um bis zu 20 % dehnen kann. Diese Dehnung schnurrt natürlich nach dem Stricken wieder in den Ursprungszustand zurück. Man strickt und strickt, und das sichtbare Ergebnis ist kaum der Rede wert und ziemlich langweilig. Ich habe es mal mit einer noch größeren Nadelstärke versucht, aber damit wird es durch sein geringes Gewicht wiederum sehr lappig und unregelmäßig.

Noch gebe ich nicht auf. Vielleicht fällt mir doch noch eine Möglichkeit ein, die sechs 25-g-Knäule zu etwas Sinnvollem zu verarbeiten.