Orangenrolle, verunglückt

Wenn irgend möglich, backe ich an fast jedem Wochenende. Diesmal wollte ich Bio-Orangen verwerten. Der Apfelsinenkuchen aus meinem Dr.-Oetker-Backbuch von 1982 war mir etwas zu schlicht, deshalb suchte ich nach einem möglichst einfachen Rezept für eine Biskuitrolle mit Orangenfüllung. Im Internet wurde ich fündig.

Gestern abend bereitete ich die Teigplatte und die Orangenfüllung zu, und da fingen schon die Probleme an. Die im Rezept angegebene Backzeit ist schon SEHR kurz. Die Teigplatte wird damit außerordentlich klebrig und lässt die nötige Elastizität aufs Erbärmlichste vermissen. Leider merkte ich das erst, als sie schon aufs Geschirrtuch gestürzt und das Backpapier abgezogen war. Beim nächsten Mal halte ich mich doch lieber an Dr. Oetkers Rezepte, wo für eine “Apfelsinenrolle” 10-15 Minuten Backzeit bei 200-225 Grad empfohlen werden.

Dann ging’s an die Füllung. Die Autorin behauptet, man benötige 10 g Stärke, um 100 ml Flüssigkeit zu binden. Ich habe mich dran gehalten, und das war eine schlechte Idee. Als ich 35 g Stärke und 350 ml Orangensaft aufkochte, erhielt ich nämlich binnen Sekunden einen stabilen Klumpen, der in Farbe und Konsistenz der bekannten Reinigungsmasse für Tastaturen glich. (Okay, mein Klumpen roch angenehmer.) Mit anderen Worten: Die Angaben zum Binden im Rezept sind Schrott. Für meine 350 ml hätten 25 g Stärke genügt, um eine ausreichend feste Creme zu erhalten. Selbst in einer gewöhnlichen Pudding-Packung reichen 37 g für 500 ml Milch, um einen stürzbaren Pudding zu erhalten, insofern kann ich nicht nachvollziehen, wie die Rezeptschreiberin ihren Bedarf bestimmt. Vielleicht ist die österreichische Stärke nicht so stark wie die deutsche?

Heute vormittag ging’s dann an die restlichen Arbeiten. Zunächst soll man die Orangencreme kräftig durchschlagen. Nur, meine wollte das partout nicht mit sich machen lassen. Sie blieb ein kompakter Glibberklumpen, der sich in die Mitte des Schneebesens verkroch und von dort aus ein paar unzerstörbare Fäden zog. Am liebsten hätte ich sie an die nächstbeste Wand geklatscht, wo sie sicherlich wie jeder gute Tapetenkleister hängen geblieben wäre. Aber das ist ja keine Lösung für eine Orangen-Rolle.

Bei der Vorbereitung der Sahne hielt ich mich dann vorsichtshalber nicht mehr ans Rezept, sondern schaltete mein Hirn ein. Und das sagte: Für 500 ml Flüssigkeit braucht man sechs Blatt Gelatine. Mehr nicht. Auf keinen Fall acht, sonst hat man noch mehr widerlich zähen Glibber. Zusätzlich reduzierte ich die Sahnemenge auf 400 ml, weil in eine Biskuitrolle ja auch nur eine begrenzte Menge Creme passt, und weil 400 ml genau zwei Bechern Sahne aus dem Supermarkt entsprechen. Die eingeweichten Gelatineblätter löste ich im Wasserbad auf, schlug die Sahne halbsteif und ließ die Gelatine unter weiterem Schlagen dazulaufen. Das ergab binnen kurzer Zeit eine angenehme Masse. Nun stand ich nur noch vor dem Problem, diese möglichst gleichmäßig mit dem zähen Orangenglibber zu mischen. Das erforderte ziemlich viel Kraft und Zeit, aber letztlich war es einigermaßen geschafft. Als ich dann die Füllung auf der Teigplatte verteilte, war die Masse schon so gut wie abgebunden, was das Aufstreichen nicht gerade erleichterte. Ein letztes Unglück passierte dann beim Aufrollen: Weil der Teig zu klebrig und nicht elastisch genug war, riss er. Somit habe ich nun eine aufgerissene Orangenrolle, die leider nicht mehr zu reparieren war. Hier ein Bild von der einen Hälfte:

missglückte Orangenrolle

Ich bin überhaupt nicht zufrieden mit diesem Ding. Normalerweise sollte der Teig trocken sein und die Füllung ggf. alles leicht klebend zusammenhalten. Hier ist es umgekehrt: Die Füllung ist so fest, dass ein Panzer drüberfahren könnte, ohne sie zu beschädigen; und der Teig klebt, weil er zu kurz gebacken wurde. Wenn die nächste Orangen- oder Apfelsinenrolle ansteht, werde ich reuig auf Dr. Oetker von 1982 zurückgreifen, da weiß man wenigstens, dass es funktioniert.

5 Gedanken zu „Orangenrolle, verunglückt“

  1. Oh Mann, kommt mir alles bekannt vor! Und auch ich schwöre auf mein Dr.Oetker-Exemplar mit Grundrezepten für alle Backfälle.
    Mein Rettungstipp: Trifle geht immer noch und genügend Schlagsahne drüber auch!
    Liebe Grüße Lisbeth

  2. Liebe Annemarie, liebe Lisbeth, vielen Dank für Euer Mitgefühl!
    Die Rolle war zwar da matschig, wo sie es nicht sein sollte, und da fest, wo man es eher nicht erwartet, und optisch ließ sie definitiv zu wünschen übrig. 🙂 Aber wenigstens war der Geschmack insgesamt besser als befürchtet; mein schärfster Kritiker nahm tatsächlich noch ein zweites Stück.

  3. Herrlich, I am not alone!
    Wunderbar zu lesen und ich hoffe, dass diese, in abenteuerlichen Schritten entstandene Orangenrolle schmeckt, vielleicht sogar einen sehr gemütlichen Winterabend als Dessert verschönt und mit ihrer Entstehung für Erheiterung sorgt.
    Danke für die tolle Schilderung!!!

  4. Ich mußte eben tatsächlich ein wenig schmunzeln…..
    Wer kennt das nicht, das Rezepte einfach daneben gehen 😉
    Ich selber arbeite gerne beim Backen mit den klassischen Grundrezepten. Die funktionieren immer.
    Zu beachten ist allerdings, das jeder Ofen anders Backt. Wenn in einem Backbuch 12 Min. angegeben ist, dann weiß ich das mein Backofen fast 5 Min länger braucht bei angegebener Hitze. (ich habe eine “Krücke” als Backofen – in der Werbung hieß es: …. weiß was Frauen wünschen) 🙁 Aber ich habe mich drauf eingestellt.
    Auch besitze ich die Dr. Oetker Schulkochbücher. Aber liebe tue ich besonders die frühen Ausgaben (die mit denen meine Großmutter schon gekocht und gebacken hat. Mir fehlt leider nur noch das aller erste, was auf den Markt kam, ansonsten habe ich sie alle.

    Nicht unterkriegen lassen von solchen pannen… 🙂

    Ach übrigens, ich verwende keine Gelatine. Ich nutze oft Agar-Agar und ganz oft San-apart für Cremes und Füllungen. Gelingt immer super 😉

    Ich gehe mir gleich mal eben das Rezept angucken, wach dem du gebacken hast. Bin ja nicht neugierig 😉

    LG Heike

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