Hin- und hergerissen

Vor etwa sieben Wochen begann ich die Jacke “Paulie” (ja, ich stricke sehr langsam) aus Madelinetosh “Tosh Merino Light”. Sie wird als Raglan von oben gestrickt und ist derzeit mein Mitnahmegestrick. Die Jacke wurde schon oft gestrickt, und die Strickerinnen waren fast immer voll des Lobes über dieses Modell.

Paulie

Zunächst kam ich gut und voller Zuversicht voran. Irgendwann aber erschien mir der rückwärtige Ausschnitt viel zu breit, um eine gut sitzende Jacke zu ergeben, und die Raglanhöhe kam mir zu niedrig vor. Ich erwog, alles aufzuziehen und aus dem Garn eine Raglan-Jacke konventionell von unten zu stricken, natürlich mit angepassten Maßen.

Vorsichtshalber begann ich nicht sofort mit dem Ribbeln, sondern verglich die tatsächlichen Maße erst einmal mit einem anderen Raglan-Modell, nämlich dem Top “Jasmine” (bei Ravelry), das ich mir vor gut zwei Jahren gestrickt hatte und sehr gerne trage, weil es prima sitzt. Es zeigte sich, dass “Jasmine” einen noch breiteren Rückenausschnitt hat, während die Raglanhöhe ungefähr vergleichbar ist. Deshalb gehe ich nun davon aus, dass meine “Paulie” letztlich schon irgendwie passen wird, spätestens wenn die Kragenblende angebracht ist. Die kraus gestrickte Raglanpasse wird sich vermutlich noch etwas längen, und der Kragen “füllt” dann nicht nur den rückwärtigen Ausschnitt, sondern bringt auch noch ein paar Zentimeter zusätzliche Höhe. So werde ich also guten Mutes fortfahren.

Die verstrickte Dienstagsfrage 22/2013

Diese Woche fragt das Wollschaf:
Wie bewahrt ihr eure Wolle auf? Ich bin auf der Suche nach einer praktischen und auch gleichzeitig optisch tollen Idee, meine Wolle hübsch in Szene zu setzen. Denn ich finde die schöne Wolle gehört nicht hinter Schranktüren oder in Boxen versteckt, man darf sie ruhig sehen, auch Wollknäule sind dekorativ. Wie habt ihr das gelöst?
Vielen Dank an Andrea für die heutige Frage!

Wenn man nur wenig Wolle und dazu noch welche in Farben passend zum Interieur unterzubringen hat, kann dekoratives Drapieren natürlich ganz nett aussehen, gern mit ein paar Rocaillesperlen besprenkelt und mit dekorativen Glas-Stricknadeln verschönert. Wie wär’s mit einer Glasvitrine oder einem Glassturz? Solange es nur Einzelknäuel sind, sieht das bestimmt gut aus. Für eine Pullovermenge stelle ich es mir nicht so toll vor, aber die Fragestellerin scheint eher Interesse an Kleinmengen und Kleinprojekten zu haben.
Sobald freilich die Menge der unterzubringenden Kilos insgesamt in den höheren zweistelligen Bereich geht, ist Dekorieren keine Option mehr. Hinzu kommt, dass das offene Herumliegen dem Garn auch nicht gut tut. Es können Schädlinge hineingelangen, oder die Farben bleichen aus. Deshalb liegt mein Garnvorrat zu einem großen Teil in schnöden halbtransparenten Plastikbehältern, hinter Schranktüren und in Schubladen untergebracht. Nur was gerade in irgendeiner Form in Arbeit ist (oder gerade in die engere Wahl kommt), liegt offen herum.

In Dreams, Reihe 92

Seit zehn Tagen kämpfe ich mich durch dieses Tuch (Ravelry-Link). Es ist, wie der Name schon sagt, ein Traum, mit gelegentlichen Tendenzen in Richtung Alptraum. Man braucht knapp anderthalb Kilometer Garn (ich verwende Posh Madeleine in Farbe A-Lister) und im Durchschnitt alle 27 cm eine Perle, insgesamt 5.000 Stück. Ich bin mittlerweile beim vierten 10-Gramm-Pack Toho Rocailles Größe 8 in Farbe Silverlined Siam (gekauft bei Perlenpaula mit superschnellem Versand). Die Qualität der Perlen ist prima, bisher war nur eine einzige unbrauchbar.

Den Anfang der Anleitung fand ich etwas schwer zu verstehen, danach fand ich es einfacher. Die Diagramme sind klar, und im iPad markiere ich die Reihe, in der ich gerade bin, mit einer roten Linie. Alles lief gut, bis vorgestern, als ich irgendwo Mitte der 80er Reihen war, das Telefon klingelte. Als ich aufsprang, fielen ein paar Maschen, was ich erst nach dem Telefonat, bemerkte. Ich nahm sie dann irgendwie auf und machte weiter. Erst gestern abend, beim Stricken von Reihe 91, fiel mir auf, dass die Mittelachse des dritten Rapports nicht mehr mittig verlief. Und natürlich hatte ich nirgends eine Rettungsleine eingezogen.

Was macht man in so einem Moment? Ich schwankte zwischen in die Ecke feuern, alles aufribbeln oder leise weinen. Letztlich entschloss ich mich, die Maschen des dritten Rapports auf eine extra Rundnadel zu nehmen und die mittleren etwa zwanzig Maschen behutsam bis zum Fehler zurückzuribbeln. Mühsam war es, die Perlen aus dem Gestrick zu lösen, ohne zusätzliche Laufmaschen zu verursachen. Aber es klappte, und in gut drei Stunden hatte ich den Fehler tatsächlich repariert.

In Dreams, Reihe 92

Das Bild zeigt besagten dritten Rapport nach Reihe 92. Die Mittelachse ist wieder mittig. Die Löcher sind teilweise etwas unregelmäßig, aber das stört mich jetzt nicht. Die Reihe mit den (bis auf weiteres) meisten Perlen, nämlich in jeder zweiten Masche eine, ist abgearbeitet. Noch zwei Reihen, dann ist Chart 3 durchgestrickt, und es wird mit komplizierterem Muster und weniger Perlen weitergehen.

Die verstrickte Dienstagsfrage 19/2013

Diese Woche stellt das Wollschaf eine Frage aus dem Archiv vom 15.05.2007:
Nicht jede Wolle, die sich schön verstrickt, eignet sich auch gut zum Vernähen. Wie löst Ihr das Problem?
Das Wollschaf bedankt sich bei Ute!

Ja, mit so manchem Effektgarn oder auch mit empfindlicher Angorawolle kann man keine ordentliche Naht im Matratzenstich schließen. Unregelmäßigkeiten im Effektgarn erlauben nicht, den Faden sauber durch die Maschen zu fädeln, und das fortwährende Durchziehen lässt manches zarte Garn schnell mürbe werden.
In solchen Fällen nehme ich glattes, solides Garn in Sockenwollstärke für den Matratzenstich. Dabei muss die Farbe nicht einmal genau passen, denn man sieht die Naht von außen nicht, wenn sie korrekt ausgeführt wurde.
Horizontale Nähte wie die an den Schultern schließe ich durch Zusammenstricken. Das ist auch mit problematischem Garn möglich und ergibt ebenfalls eine saubere, flache Naht, ganz ohne Nähen.
Außerdem kann man natürlich komplett auf Nähte verzichten, indem man in Runden strickt. Das ist allerdings, je nach Muster und Modell, nicht immer eine Option und zudem eine komplett andere Geschichte, die schon diverse andere Male und anderswo häufig erzählt wurde. 😉

Und noch ein Abschied

Im September 2011 meinte ich, unbedingt das “Layered Skater’s Overtop” aus dem Buch Knitting Classic Style von Veronik Avery zu benötigen. Ich begann frohgemut mit dem berühmten Rowan Kidsilk Haze in einem, wie ich damals fand, frischen Grün. Es ging zunächst auch recht flott voran, mit damals nagelneuen HiyaHiya-Nadeln, die ich leider mit zu kurzen Spitzen bestellt hatte. Und es fehlt seit Monaten eigentlich nicht mehr viel bis zur Fertigstellung.

Layered Skater's Overtop

Nun habe ich trotzdem beschlossen, es endgültig aufzugeben. Dafür habe ich mehrere Gründe:

1. Das Stricken mit Kidsilk Haze macht mir keinen Spaß. Das Garn ist mir zu rutschig, und man hat beim Stricken nicht so richtig etwas in der Hand. (Erst recht nicht, wenn man sehr glatte Stricknadeln mit etwas zu kurzen Spitzen verwendet.)
2. Fehler sieht man in dem Geflausche meist zu spät, und Aufribbeln ist ausgesprochen mühsam.
3. Ich finde die Farbe inzwischen scheußlich. Zwar bin ich durchaus ein Grün-Fan, aber dieses spezielle Grün ist doch sehr, hm, sagen wir mal, bissig.
4. Eine Anprobe zeigte mir: In diesem Modell sehe ich aus, als wäre ich ein neonfarbener Fesselballon und würde gleich abheben.

Ich werde einen Rest des Garns aber auf dem Grobstricker testen. Vielleicht lässt es sich damit zu etwas Brauchbarem verarbeiten. Zudem wartet seit letzten Dezember noch ein anderes Kidsilk-Haze-Modell auf Fertigstellung, ich mag gar nicht dran denken.

Adieu, liebe Jacke

Vor fast vier Jahren strickte ich mir meine Version der “Plissé”-Jacke von Lene Holme Samsøe aus dem Buch “Feminine Knits”. Ein paar Ziehfäden habe ich in einige der dünnen Streifen im Laufe der Zeit schon hineingebracht. Als ich sie vorgestern wieder einmal trug, blieb ich mit der rechten hinteren Schulter an irgendetwas hängen. Und natürlich passierte es so, dass der größtmögliche Schaden entstand. Der dünne Faden ist gerissen, und nun hat die Jacke ein gewaltiges Loch, das ich nicht mehr reparieren kann, jedenfalls nicht, ohne dass man es deutlich sehen würde.

Loch im Gestrick

Ein Jammer. Das einzig Gute daran ist, dass nach dem Entsorgen wieder ein bißchen mehr Platz im Kleiderschrank ist, den man mit einer neuen Jacke füllen kann. Die sollte dann aber etwas haltbarer und weniger empfindlich sein.

Die Filzglocke

Vor drei Tagen ist sie fertig geworden, die “Felted Cloche” aus “Knit Noro”.

Felted Cloche von der Seite

Nach wie vor ist mir nicht klar, wie man bei der angegebenen Maschenzahl und Nadelstärke mit zwei Knäueln auskommen soll. Obwohl ich schon mit weniger Maschen gestrickt hatte, war das eine Knäuel aufgebraucht, bevor die Mütze beendet war. Notgedrungen strickte ich nur mit dem zweiten Knäuel weiter und kürzte das Ganze auch noch um ein paar Reihen.

Felted Cloche von oben

Das Stricken ist ansonsten kinderleicht, die Ausarbeitung erinnert ein wenig an Origami. Beim Filzen von Hand schrumpfte das Gestrick leider nicht richtig, oder vielleicht habe ich mich auch zu blöd angestellt. Nach einer 60°-Wäsche in der Waschmaschine war die Mütze dann in etwa so, wie sie sein sollte.
Nun kann der Winter kommen. 😉

Die verstrickte Dienstagsfrage 17/2013

Diese Woche stellt das Wollschaf eine Frage aus dem Archiv vom 24.04.2007:
Wie ausführlich wollt Ihr über den Fortschritt eines bestimmten Strickprojektes in den Blogs lesen? Welche Projekte und Details interessieren Euch dabei am meisten?
Das Wollschaf bedankt sich bei Arlene!

Wie schon von anderen geschrieben, finde ich öde Fortschrittsmeldungen (“habe wieder vier aufregende Reihen an meinen tollen glatt-rechts-Stino-Socken aus superspannendem Stino-Sockengarn gestrickt”) am wenigsten lesenswert. Bestimmt haben auch solche Einträge für manche Leser- und vor allem Schreiberkreise ihre Berechtigung, nur eben nicht für mich.
Sobald aber ungewöhnliche Entwicklungen und Interpretationen ins Spiel kommen, lese ich gern mit.
Man möge mir bitte keine Schadenfreude unterstellen, aber besonders hilfreich finde ich Berichte über Probleme und wie sie dann gelöst wurden. Wurde beispielsweise ein alternatives Garn verwendet, und wie lief es damit? Wie verständlich ist die Anleitung geschrieben? Was war am schwierigsten bei der Ausführung? Welche Modifikationen wurden vorgenommen? Ist es vielleicht sogar ein eigenständiges Design? Gibt es gute Tipps für die Ausarbeitung?
Diese Themen finde ich spannend und verfolge dann gern, wie ein Projekt sich entwickelt.

Maschinegestricktes aus der “Sabrina”

Es wird ja vor allem in intellektuell angehauchten Strick-Kreisen gern über die “Sabrina” gelästert. Manche finden sie trutschig, manche sagen dazu uninspiriert, manche meinen, langweilig sei der richtige Ausdruck. Ich finde sie eigentlich gar nicht so schlimm. Viele Modelle stehen den angeblich so genialen US-amerikanischen Schöpfungen kaum nach, haben aber erfreulich kürzere Anleitungen. Deutlich kürzer. Was in einer US-Anleitung über drei Seiten geht, das handelt die “Sabrina” auf weniger als einer Viertelseite knapp und dennoch verständlich (für mich jedenfalls) ab. Ja, ich mag kurze Anleitungen mit Strickschrift und Schnittschema.

Durch eines zeichnet die “Sabrina” sich allerdings nicht aus: Anleitungen zum Maschinestricken. Umso überraschter war ich, im April-Heft das Modell Nr. 8 zu entdecken. Ein erster schneller Blick enthüllte: Das Ding hat keine Rippenbündchen, also ein klassischer Fall für die Einbett-Strickmaschine. Die Maschenprobe für das relativ dünne Garn deutet auf den Grobstricker. Der Schnitt ist extrem simpel, mit möglichst wenig Formgebung. Und die Stricktechnik mit den Umschlägen über fünf Reihen ist für Handstricker nicht nur ungewöhnlich, sondern auch ungewöhnlich schlecht zu stricken. Eine Handstrickerin würde hier eher tiefgestochene Maschen arbeiten, weil die gleichmäßiger werden.

Das alles waren für mich beste Voraussetzungen, das Modell auf der Strickmaschine nachzuarbeiten. Und das ist wunderbar gelungen, ausnahmsweise mal ohne Pannen und gefallene Maschen.

Pullover im Fangmuster

Natürlich verwendete ich nicht das Originalgarn, sondern ein etwa zwanzig Jahre altes aus meinem Vorrat: 450 g Schewe Damasco (100 % Baumwolle, 280 m/100 g) in Kakaobraun habe ich mit MW 1 auf dem Grobstricker verstrickt. Meine Maschenprobe wich etwas ab, und die Maße der Schnittteile habe ich auch ein wenig angepasst.
Im Original sollen alle Kanten umhäkelt werden. Stattdessen strickte ich überall fünf Reihen kraus mit der Hand an. Um möglichst wenig Fadenenden vernähen zu müssen, startete ich alle Teile mit Webanschlag und sechs Reihen glatt rechts, dann kam eine Reihe Nylonfaden, und dann begann ich erst mit dem eigentlichen Teil. Die nach unten zeigenden Schlaufen der ersten Reihe nahm ich dann auf eine Stricknadel, löste den Nylonfaden heraus und konnte dann mit dem anhängenden Garn wunderbar meine Krausreihen stricken.
Den Halsausschnitt arbeitete ich wie gewohnt mit verkürzten Reihen, schloss dann eine Schulternaht und strickte die Kraus-Blende von Hand an.

Die verstrickte Dienstagsfrage 14/2013

Diese Woche fragt das Wollschaf:
Ich habe letztens einen wirklich schönen Pullover angeschlagen, nach dessen Garn ich mir regelrecht die Hacken abgelaufen hatte. Kaum begonnen, war die Anleitung nirgends zu finden. Als ich das betreffende Buch wieder geliehen und eine neue Kopie gefertigt hatte, entdeckte ich einen Fehler und musste ein großes Stück ribbeln. Und das war nur der Beginn einer regelrechten Pannenserie bis ich den Pullover entnervt aufgab. Nun meine Frage: passiert Euch das auch, dass sich ein Projekt einfach nicht beenden lassen möchte?
Vielen Dank an „Praagelmam“ für die heutige Frage!

Ganz so dramatisch ist es bei mir nicht, vor allem nicht die Sache mit der Garnbeschaffung, da ich zuhause mehr als genug Garn habe und auch fest entschlossen bin, zumindest einen Teil davon erst einmal zu verarbeiten, bevor neues ins Haus kommt.
Aber ansonsten: Ja, manche Projekte wollen einfach nicht angefertigt werden. Bei einem Pullover suchte ich verzweifelt das Buch mit der Anleitung und fand es nicht, nicht in meinem Bücherregal und überraschenderweise auch nicht bei Amazon. Das war kein Wunder; ich hatte nämlich nach dem Namen der Designerin gesucht und nicht nach dem der Buchautorin. Als mir das auffiel und ich richtig nachschaute, fand ich das Buch im Bücherregal dort, wo es hingehörte.
Ich halte mich normalerweise für eine recht routinierte Maschinenstrickerin, aber in letzter Zeit geht bei jedem Projekt etwas schief. Manchmal fallen nur einzelne Maschen. Wenn das aber in einem Lochmuster passiert, kann es ziemlich zeitraubende Folgen haben. Manchmal fällt auch eine ganze Pulloverhälfte, weil man den Faden nicht richtig eingefädelt hatte. Und dann muss mitunter ein größeres Stück aufgeribbelt werden, bevor es planmäßig weitergehen kann.
Dass ich ein Pannen-Teil komplett aufgebe, passiert aber selten. Meistens beseitige ich die Fehler sofort; mitunter kann es auch ein paar Tage dauern, bevor ich mich dazu aufraffen kann.