Ganz nett, aber…

Ja, ich quäle mich durch das zweite Projekt des „YAL“ vom Stephen West. Und ich bin mehr denn je entschlossen, dass dies mein erster und letzter Yarn-Along bleibt. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Grund 1

Die Farben und Farbkombinationen des Meisters sind für mein Gefühl unschön. Sollten zwei Farben zufällig zueinander passen, wie bei diesem Projekt Marineblau und Türkis oder Marineblau und Blaugrau, dann schafft er es, die dritte Farbe so zu wählen, dass sie sich mit mindestens einer der anderen „beißt“. In diesem Fall ist es die Kombination von Blaugrau und Türkis, die ich einfach nur scheußlich finde. Vor dem Anschlagen hatte ich überlegt, eine dieser beiden Farben gegen ein Sockengarn aus meinem üppigen Vorrat zu tauschen, unterließ es dann aber, a) weil ich mich nicht entscheiden konnte, welcher der beiden „Streithähne“ ausgewechselt werden sollte und b) weil ich ziemlich sicher bin, dass ich das Tuch ohnehin niemals selbst tragen werde, selbst wenn ich die Farben austausche. Vielleicht ist der Meister ja farbenblind?

Grund 2

Es mag Herrn West nicht gelingen, harmonische Muster zu kombinieren, aber er hat ein Händchen für die Auswahl von Techniken, die möglichst mühsam zu stricken sind. Beim ersten Projekt waren es das Smok-Muster, dem ich leider nichts abgewinnen kann, die idiotischen zeitraubenden Picots (die ich glücklicherweise weggelassen habe) sowie für einige Menschen wahrscheinlich die links verschränkten Maschen. Beim jetzigen sind es die Biesen über jeweils zehn Reihen. Das ist mühsam und fehleranfällig, bringt einen nicht voran, und die Maschen fürs i-Cord am Rand werden dabei übermäßig gedehnt. Deshalb ging ich auch dazu über, diese Randmaschen auf verschließbaren Maschenmarkierern zu sichern.
Und bitte kommt mir nicht mit der Begründung, man müsse derlei neue Techniken unbedingt einmal ausprobieren. Ich habe in meinem Leben mehr als tausend Strickstücke angefertigt und dabei gelernt, dass die komplizierteste Methode für einen bestimmten Effekt durchaus nicht immer die sinnvollste ist.
Dass bei diesem Projekt das Garn alle Naselang abgeschnitten wird, findet übrigens auch nicht gerade meinen Beifall. Vernähen bringt mich nicht um, aber es ist auch nicht gerade meine Lieblingsbeschäftigung. Je weniger davon zu erledigen ist, desto besser.

Grund 3

Der Preis für mindestens zwei, vermutlich aber drei ungeliebte Projekte ist mir einfach zu hoch, auch wenn es spannend ist, unbekannte Garne zu verstricken. Sollte ich das öfter machen wollen, lässt es sich deutlich günstiger und mit schöneren Farben bewerkstelligen. Und interessante Muster, bei denen man sich weder die Finger noch die Nadeln verbiegt, gibt es reichlich.

Etwas Positives kann ich dennoch vermelden: Das Garn, das ich hier verwende, Mominoki „Sock Fine 4ply“, ist wirklich schön und lässt sich hervorragend verstricken.

5 Gedanken zu „Ganz nett, aber…“

  1. Die Idee finde ich pfiffig. Der Herr West mag ja Biesen, ich habe sie auch schon gestrickt, mache das jedoch so:
    Ich stricke die erste Reihe mit zwei ganz dünnen Nadeln gleichzeitig, also 1,5er oder 2er.
    Eine davon ziehe ich so, dass die Maschen im Seil hängen (daher der Begriff „in den Seilen hängen“ 🙂 ). Die andere Nadel wird mit der vorgesehenen Nadel abgestrickt, eine 2er-Nadel bleibt, die andere wartet auf den nächsten Einsatz.
    Wenn die erste mit der letzten Reihe zusammengestrickt wird, gestaltet sich das dann recht einfach.

    Die Farbzusammenstellung finde ich etwas „müde“. Eine könnte durch „Curry“ ersetzt werden.

    1. Danke für den Tipp, damit hat man wirklich die „richtigen“ Maschenbögen parat.
      An Curry bzw. Ocker hatte ich nicht gedacht, aber das wäre ein guter Kontrast gewesen. Da ich die endgültige Form des Tuchs aber ohnehin seltsam finde (es erinnert mich an die Weltmeistergürtel beim Boxen) und nicht sicher bin, ob ich es am Ende wirklich mag, blieb ich bei den Vorgaben.
      Das Material fürs dritte Tuch ist auch schon eingetroffen; im Gegensatz zur „müden“ Blau-Kombi kreischt es in Lachs und Neongrün.

  2. Bei den Fair-Isle-Farbzusammenstellungen wählt man ja zum Schluss diese „poison“-Farbe aus, aber nur als eine unter Vielen, eine Zugabe Pfeffer sozusagen zu einem harmonischen Farbgefüge.

    1. Ja, das ist eine spannende Sache. Man wählt eine Farbe, die einen starken Kontrast zu den anderen Farbtönen ergibt, aber nur in geringer Menge eingesetzt wird.
      Unabhängig davon sollten die Tonwerte (hell bis dunkel) so abgestimmt werden, dass die Muster gut zur Geltung kommen. Und damit hat Stephen West Probleme, jedenfalls empfinde ich das so. Seine Farben sind mitunter so schrill, dass man Augenschmerzen bekommt, aber die Tonwerte liegen sehr nahe beieinander. Es fehlt oft die Hell-Dunkel-Dimension.
      Wären die größeren Flächen im Tuch in Blaugrau und Türkis gestrickt und die Biesen im dunklen Blau, dann ergäbe das einen logischen Kontrast in a) Form und b) Helligkeit.
      West missachtet (wahrscheinlich bewusst) Regeln guter Gestaltung, weil seine Designs innovativ und neuartig sein sollen. Und seine Fans bewundern ihn dafür, ohne die Zusammenhänge zu verstehen.

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